Einleitung: Im „Living History“ – Bereich einen Leitfaden zu erstellen birgt eine Vielzahl von Risiken die man unmöglich ausschließen kann. Eine Grundausstattung die sich auf namentlich aufgelistete Quellen stützt ist nur eins davon. Es kann einfach keine Bauanleitung für eine gute Darstellung geben. Die Gründe dafür sind einfach und simpel. Damals wie heute ist jeder Mensch grundverschieden. Jeder Mensch kleidet sich anders, hat andere Vorlieben, und einen anderen Geschmack. Genau das muss man auch in der Darstellung berücksichtigen, sonst gleichen alle Darsteller wie ein Ei dem anderen. Aus diesem Grund ist dieser Leitfaden nur eine Starthilfe die dazu dient die größten Anfangsfehler zu vermeiden und einen leichteren Einstieg in das Hobby zu bekommen. Dieser Leitfaden erhebt weder den Anspruch einer wissenschaftlichen Ausarbeitung noch entbindet er von der Quellenstudie und Eigenrecherche. Was ist eine lebendige Geschichtsdarstellung?: Living - History oder lebendige Geschichtsdarstellung heißt nichts anderes als das nachstellen einer bestimmten Zeitepoche. Das alleine genügt aber noch nicht. Eine Darstellung bezieht sich nicht nur auf die Zeit, sondern auch auf die Region Ortschaft oder Stadt der dargestellten Person. Des Weiteren ist ebenfalls der gesellschaftliche Stand, der Beruf und die Ausstattung von entscheidender Wichtigkeit. Nur wen alles historisch korrekt ist, kann man versuchen ein echtes Bild der damaligen Zeit, nach aktuellem Stand der Wissenschaft, zu erzeugen. Kompromisse sollten nur dann eingegangen werden, wenn es anders nicht möglich ist. Anfangen, aber wie?: Der erste Schritt ist immer der schwerste. Zuerst sollte man sich selbst folgende Fragen beantworten: - Welche Zeit möchte ich darstellen? (z.b. 850 n.Chr. ) - In welcher Region soll meine Darstellung angesiedelt sein? ( z.B. Dänemark/ Haithabu) - Welchen sozialen Stand möchte ich darstellen? ( z.B. Mittelschicht) - Habe ich handwerkliche Interessen/ Fähigkeiten die vielleicht zu meiner Darstellung passen? (z.B. Kunstschmied o. Interesse an Metallbearbeitung) - Welchen Beruf möchte ich darstellen? ( z.B. einfacher Schmied) Wenn alle diese Fragen beantwortet sind, fängt man mit der Recherche und dem Quellenstudium an. Quellen und Recherche: Ein Beispiel: Die einzelnen Mitglieder einer Gruppe haben verschiedene Darstellungen von Menschen aus dem 9. Jahrhundert ( z.B. Bauer, Schmied) die aber alle in Haithabu angesiedelt sind. Daher ist die beste Quelle natürlich das Wikingermuseum Haithabu, Museum Schloss Gottorf. Sämtliche Literatur rund um das Museum und die Funde aus Haithabu sind ein sehr guter Anfang. Fundkataloge sind z.B. über den Wachholtz Verlag (
http://www.wachholtz.de/) zu bekommen. Viele dieser Bücher findet man auch gebraucht bei Antikmaklern. Wer sich selber keine Bücher kaufen möchte, kann sich die meisten in der städtischen Bücherei oder über die Fernleihe ausleihen. Zusätzlich sind z.B.noch folgende Bücher interessant: • Die Ottonen -> Kunst, Architektur, Geschichte, Michael Imhoff Verlag, 2.Aufl. 2006 • Das Evangeliar Otto 3., Prestel Verlag 2001 • Dress in Anglosaxon England, Gale R. Owen Crocker,Boydell Press,2004 • Der Egbert Codex, Stadtbibliothek Trier, Faksimile Verlag Luzern, Wissenschaftl. Buchgesellsch. Darmstadt 2005 • Codex Aureus Erpternacensis, Germ. Nationalmuseum Nürnberg, S. Fischer Verlag GmbH Frankfurt a.M. 1982 • Der Teppich von Bayeux, David M. Wilson, Parkland Verlag Köln 2005 • Brigitte & Walter Janssen, Die frühmittelalterliche Niederungsburg bei Haus Meer - Kreis Neuss, Rheinische Ausgrabungen 46, Köln 1999 • Inga Hägg, Die Textilfunde aus dem Hafen von Haithabu, Wachholtz Verlag 1984 • Inga Hägg, Textilfunde aus der Siedlung und aus den Gräbern von Haithabu, Wachholtz Verlag 1991 • Christiane Schnack, Die mittelalterlichen Schuhe aus Schelswig Schild 1971-1975, Wachholtz Verlag 1992 • Saxon, Viking and Norman, Terence Wise & Gary Embelton, Osprey Pub.2003 • Anglo Saxon Thegn AD 449- 1066, Mark Harrison & Gary Embelton, Osprey Pub. 2003 • Wikinger am Rhein 800 – 1000, Annemarieke Willemsen • Bildaltlas der Weltkulturen , Die Wikinger • Praktische Alltagsgegenstände des Mittelalters, Stephan Wester, Barbarossa Verlag, 2001 • Rüstung, Gewandung, Sachkultur des Mittelalters, Gösta Ditmar –Trauth, Karfunkel Verlag 1999 Typische Anfängerfehler: Ein Schwert und ein Schild üben auf die meisten Menschen eine große Anziehungskraft aus. Vielleicht ist das der Grund warum sich viele Anfänger/ Einsteiger als erstes ein Schwert kaufen und einen Schild bauen. Dazu folgendes: Das Schwert im allgemeinen repräsentiert u.a. den sozialen Stand der dargestellten Person. Ein Schwert kostet außerdem sehr viel „Geld“ weshalb sich nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung (Oberschicht) ein Schwert leisten konnte. Ausserdem schütz ein Schwert nicht vor Regen und es wärmt auch nicht bei Kälte. Wenn man Schwert und Schild am Anfang unbedingt zum kämpfen braucht, kann man sich so was jederzeit zum Kampf ausleihen. Waffen und Schilde sind meist im Überfluss vorhanden und universell einsetzbar. Tunika , Hose und Schuhe sind das in den wenigsten Fällen. Steckstühle. Visbylaternen, Gusspfannen und Gulaschtöpfe gehören nicht in eine mittelalterliche Darstellung egal wie praktisch sie sind. Ebenso zu vermeiden sind Stoffe die nicht aus Leinen, Hanf, Wolle oder Seide bestehen. Kunststoffborten und Verzierungen gehören nicht ins Mittelalter. Tiefschwarzer Stoff und intensiv (z.B. Knallrot) gefärbtes Leinen ( ausser Indigoblau) sind ebenfalls nicht zulässig. Leinen nimmt die meisten Pflanzenfarben nur sehr schwach an. Die Ausnahme ist z.B. Blau, Küpenfärbung mit Waid. Tipps und Tricks zur Darstellung: Am Anfang reicht eine schlichte Tunika, eine Hose z.B. Typ Thorsberg, Damendorf, 1 paar Schuhe nach Fund und ein schmaler Gürtel völlig aus um einzusteigen. Alles an zusätzlicher Ausrüstung ist standesabhängig. Beispiel: Wenn ich arm bin, genügt ein schlichtes Messerchen, Holzschalen und Trinkgefäße. Wenn ich aber reich bin, habe ich ein mit Gold und Silber verziertes Messer + Essdorn, Keramik oder Glasgefäße etc. Wichtig bei allen Punkten ist das man die Zeitstellung/ Region aller verwendeten Gegenstände überprüft/ hinterfragt. Der visuelle Eindruck ist entscheidend! Daher wird vorausgesetzt dass "alle" sichtbaren Nähte von Hand hergestellt wurden. Tipps: • Die Kinderkleidung ist wie die der Erwachsenen zu wählen, da es keine Unterschiede in den Schnitten zu erkennen gab. Modernes Spielzeug ist für die Öffentlichkeit unsichtbar zu halten. • Mädchen/Frauen haben ab dem 14. Lebensjahr ihre Haare standesgemäß zu verdecken. • Herren mit Bärten werden gebeten diese gepflegt zu schneiden. • Jeglicher moderne Körperschmuck ist zu entfernen oder zu verdecken. • Verbände aufgrund einer Verletzung sind mit Leinentüchern zu kaschieren. • Moderne Ausrüstungen sind im Zelt zu verbergen. No Go`s: • Textilien die nicht aus reiner (Schaf-) Wolle oder Leinen Nessel und Hanfstoffen hergestellt sind. • Kittel (Tunika) die gegürtet kürzer als knielang sind. (Mitte Oberschenkel) • Pumphosen • Piraten- und Schnürhemden • Bundhauben • Trompetenärmel • Miedergürtel • Nonnen- und Bischofkostüme • Webborten (Brettchengewebe) die nicht zeitgemäß sind! (z.B. Horn des Widders usw.) • Bund- und Holzschuhe, Trippen, Schnabelschuhe und nicht wendegenähten Schuhformen die nicht in die Zeit / Region datiert werden können. • große Gürteltaschen • Trapezförmige Umhängetaschen