Erste Darstellung - Guter Rat ist teuer

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Johanna der Drache

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Hallo. Da ich Euch alle schon mit meinen Fragen genervt habe, bin ich nunmehr dabei, die guten Ratschläge umzusetzen: - Mein ungebleichter Leinenstoff geht heute Abend in die Wäsche zwecks einlaufen. - Ich habe eine Verabredung mit Haargummis und "Gebendenadeln" (Deko-Nadeln aus dem Blumenladen, 50 Stück für 2,50 €), um eine mittelalterliches Kopftuch zu befestigen. - Nächste Surcote ist aus Wolle. - Schmuck wird auf das Nötigste beschränkt. Nun stehen 2 Fragen im Raum: 1. Welche Farbe sollte die Wolle für eine Surcote einer nicht ganz unvermögenden bürgerlichen Witwe haben? Ich möchte nicht den Fehler wie mit meiner Leinensurcote machen. Hier hat mir Rotschopf freundlich erklärt, dass Leinen - wenn es denn gefärbt wurde - höchstens blau sein würde. In Frage käme für mich Dunkelgrün (konnte man das damals schon?), Dunkelbraun, Dunkelblau oder im Notfall Rot (ist die Farbe meines Bruders und ich weigere mich, im Partnerlook zu erscheinen). 2. Ich rase hier durchs Netz, um "Marktschuhe" zu finden. Meine wendegenähten (Männer-) Schuhe sind toll auf Lager u. ä., sind aber für einen Marktbesuch auf Schotter- oder Pflasterboden nicht geeignet. Ihr, die Ihr sicher hier Erfahrungen habt, bitte ich um Rat, ob ich hier auf genagelte Ledersohle oder besser Gummisohle ausweichen soll. Ja, ich weiß, beides nicht A, aber das ist wirklich nur als Notnagel bei schlechtem Boden geplant.
 
Bevor wir hier anfangen zu diskutieren, bitte benutz die richtigen Begriffe. Die unterste Schicht nennt man Pfait, Leibhemd, Unterkleid Die zweite Schicht (langärmelig) nennt man Kleid, Rock, Kittel oder Cotte Die dritte Schicht nennt man Überkleid, Suckel, Sucknei, Surcot Ansonsten ist es hilfreich, wenn du uns sagst, in welche Zeit und Region du anstrebst
 
Ich vergaß: Bergisches Land (Stadt in der Mitte der Hauptstraße zwischen Köln und Dortmund) um 1300. Und ich habe bei den Begriffen nachgesehen: Ich meine wirklich eine Surcote, die 3. Schicht, in diesem Fall ohne Ärmel. Cotte, Schicht 2, naturfarbenes Leinen mit langem Arm, habe ich schon. Unten etwas kurz, für jetzt geht es aber. Leibhemd ist in Arbeit, wird aus der nun in die Wäsche gehenden naturfarbenen Leinen genäht (1. Versuch mit Kappnaht, weil ich keine unversäumten Nähte auf der Haut möchte).
 
Ok, also was ich jetzt machen kann ist, dir zu sagen, was eine bürgerliche nicht ganz unvermögende Witwe um 1300 getragen hätte und du kannst dann ja schaun, was du davon umsetzt, weil aktuell bist du noch relativ weit entfernt von einer belegbaren Darstellung. - Langärmliges weißes (gebleichtes!) Leinenunterkleid, ca knöchellang - Langärmliges gefärbtes Wollkleid, vorne enge Ärmel, eventuell schon 1-3 Knöpfe am Ärmel wenns ganz schick sein soll, ca Bodenlang, oben enger Halsausschnitt mit Schlitz vorn, den man mit Fürspan wieder schließt, leichte Wolle in entweder rot (verschiedene töne möglich), blau (verschiedene töne möglich), grün (verschiedene töne möglich, tannengrün eher nicht), möglich sind auch orange oder gelb, sind aber eher ganz billige töne - Ärmelloses Surcot mit engen Ärmellöchern aus entweder Seide oder feiner Wolle, entweder rot (verschiedene töne möglich), blau (verschiedene töne möglich), grün (verschiedene töne möglich, tannengrün eher nicht), es handelt sich hierbei um ein repräsentatives Kleidungsstück, daher würde ich zudem dazu raten, es mit farbiger Seide zu füttern. Von ungebleichtem Leinen würd ich eigentlich die Finger lassen, wenn du nicht eine ganz ärmliche Magd oder Bäuerin darstellst und da auf jeden Fall auch nur als Unterkleid. Brauner oder grauer Wollstoff auch nur für einfache Darstellungen als Arbeitsklamotte. Unversäumte Nähte sind ohnehin ein Nogo, bitte mit Kappnaht oder Schmetterlingsnaht versäubern. Für Schuhe ist natürlich Meister Knieriems Sortiment schwer zu empfehlen, ist aber etwas für große Geldbeutel, für Marktbesuche zahlt sich das für dich vermutlich erst mal nicht aus. Die hier find ich immer einen guten Kompromiss: http://www.historische-schuhe.de/ep...bjectPath=/Shops/61580448/Categories/W-schuhe Der hier ist da zB ein gutes Standardmodell für Damen und Herren http://www.historische-schuhe.de/ep...580448/Products/W-1450/SubProducts/W-1450-G39 Der da ist auch nicht völlig daneben wie ich finde http://www.historische-schuhe.de/ep...1580448/Products/W-1410/SubProducts/W-1410-39
 
:danke Vielen Dank für die Mühe. Dass eine Woll-Surcote über eine Woll-Cotte getragen wurde, habe ich nämlich nicht gefunden. Ich dachte, die Cotte müsste dann aus Leinen sein. Und wieder was gelernt. Das mit dem "ungebleicht" ist nicht ganz ernst zu nehmen. Als ich den Stoff kaufte, war er Mehrsack-Beige, ach dem ersten Waschen schon bedeutend heller und nach dem 3. Anlauf ist er weiß. Gut, kein "Arztweiß", aber müsste gehen. Wie gesagt, Kappnähte werde ich nun lernen - habe gerade erst das System verstanden und muss nun Praxis erlangen. Man bedenke, dass ich bis Weihnachten maximal Knöpfe annähen konnte. Daher auch erst das Unterhemd - wenn ich da alles schief nähe, fällt das zuletzt auf. Außerdem gruselt es mich, Ärmel damit einzusetzen. *grummel" Also meine Quelle sprach von engeren Ärmeln und Knöpfen erst ab 1330. Und von dem Schlitz und Fürspan für Frauen habe ich natürlich gar nichts gefunden - und ich muss Alternativen suchen. Für mich kommt das Mordgerät nicht in die Tüte, da ich a) alleine in das Kleid kommen muss und b) beim ersten Versuch tot bin. Meinem Bruder habe ich das Ding mal rangefriemelt. Das Ergebnis war ein zerknittertes Hemd, ein Riss im selbigen und ein perforierter Finger. Ich wage nicht daran zu denken, was ich alleine damit anstellen würde. :schock1 Also Wollfarbe wir also dann dunkelblau oder dunkelrot (alles Helle siffe ich sofort ein). Hinsichtlich der Schuhe danke für die Vorschläge. Ich werde das bei frischem Geld in Betracht ziehen. Aber erst mal ist Stoff dran ...
 
Ich weiß nicht, was für ein Mordinstrument du da besitzt, aber meine gehen durch Wollstoff ganz prima durch. Eventuell musst du die Nadelspitze ein wenig nachfeilen, wenn die zu stumpf oder rauh ist. Ich befestige die Teile allerdings in der Höhe am Schlüsselloch-Halsausschnitt, dass der Kopf grade so durchpasst und ich sie nicht immer abmachen oder neu befestigen muss.
 
Das Ding, womit mein Bruder seine Hemden zumacht, ist sauspitz. Meine Gebendenadeln sind dagegen richtig harmlos. Ne, der Haken ist, dass man ja die "Kragenenden" des Hemds recht weit durchziehen muss (*knitter*), danach den Dorn durchpiekt (*auFinger*) und den Quatsch beim Ausziehen wiederholen muss (*ratsch*). Das dann auch noch spiegelverkehrt in teuer Wolle direkt an meinem Hals - nein danke. :no
 
grad wolle find ich ok, wenn man etwas dran zuppelt, geht die nadel (die ich eigentlich abgerundet praktischer finde als spitz) zwischen den webfäden durch und drückt sie ein bisschen auseinander, da kann nix reißen und danach gehts wieder in die form zurück. einfach mal bisschen rumprobiern mit der eignen, das wird schon, übung macht den meister.
 
Gut, also testen. Erst mal machen und wenn ich wirklich zu dämlich für so was bin, kommt ein Band, eine Schnürung oder eine Schnalle hin. Aber zuerst sind die Projekte "Unterhemd" und "Verlängerung der langärmeligen Leinen-Untercotte" dran. Mist, ich brauche neues Leinen.
 
Um das Fürspan-Problem zu entschärfen kannst Du auch zwei kleine Schlaufen in passender Höhe an den Schlüsselloch-Ausschnitt nähen und die Nadel des Fürspans da durch laufen lassen, das machts etwas einfacher. Allerdings sollte das mit dem Fürspan mit ein bißchen Übung auch so gehen, wichtig ist nur daß der Innendurchmesser des Fürspans bei dickeren Kleiderstoffen nicht zu klein sein darf, sonst bricht man sich die Finger...
 
Liebe Katharina de Lo, vielen Dank für den Rat. Ich werde mich auf dem nächsten Markt mal nach einem Fürspan umsehen - und zwar einem großem. Danke Rotschopf, danke an die beiden Katharinas für wertvolle Tipps und unendliche Geduld. Ich werde nun einige Zeit in Klausur gehen und Schnibbeln und Nähen, was das Zeug hält und - wenn ich einen Fotografen finde - die Ergebnisse meiner Unterhemd- und Untergewandversuche hier einstellen.
 
Sehr geehrte und weise Ratgeber, die Ihr so viel Geduld mit mir habt, darf ich Euch noch einmal um einen guten Rat bitten: Ich hocke über den Mustern von Naturtuche und heule. :heul Die Wolle fühlt sich klasse an, nur mit den Farben habe ich Zirkus. Das helle Blau ist zu blau. Darin sehe ich aus wie ein Schlumpf. Das Dunkelblau ist klasse. Aber ist das für gut situierter Bürger nicht zu teuer? Dann flirte ich mit etwas, was als "Birkengrün" bezeichnet wird - eine Art Dunkelgrün/Braun. Nun habe ich gelesen, dass man mit Birke eher Gelb/Grün färbte. Bekam man diesen Braun-Grün-Ton um 1300 schon hin? War der bezahlbar?
 
Wenn du was über die Farben von Naturtuche wissen willst, also wie sie sich zusammensetzen würde ich ein da anrufen. Der Kappi ist ein sehr freundlicher Kerl der immer mit Rat und Tat zur Seite steht, also einfach anrufen und du weisst mehr.
 
Bei Birke scheiden sich schon wieder die Geister wegen der Belegbarkeit um 1300... :D Nichtsdestotrotz habe ich das Birkendunkelgrün am WE live gesehen und finde es schon sehr dunkelgrün. Da würde ich eher zum Birkengelbgrün tendieren, das sieht pflanzengefärbter aus. (wenn man die gelbe Birkenfärbung mit Eisen weiterentwickelt, wird es gedeckt grün) Von den Naturtuche-Farben würde ich nach den Bildern Walnussbraun empfehlen oder das Krapprot, die sehen sehr natürlich aus. Das Schlumpfblau sieht auch nach Waid aus. Oder wie wäre es mit Resedagelb? Das Dunkelblau ist zu dunkel. Wenn du auf der Vuozvolc-Homepage schaust, gibt es unter Galerie - Nienover 2014 ein Gruppenfoto, auf dem du die ganze Bandbreite pflanzengefärbter Stoffe für den einfacheren und mittleren Stand sehen kannst. Mein zwiebelgelbes Kleid in der Mitte ist belegtechnisch grenzwertig, Zwiebelfärbung eher nein, es wurde dann als Faulbaumrindenfärbung geschönt... ;) , die ist aber eigentlich etwas bräunlicher... Die dunkelgrünen Ärmel gehören der Braut der Feierlichkeit und sind somit auch schon wieder teurer, da Doppelfärbung. Aber so hast du schon mal einen schönen Überblick. :)
 
Ähm ja. Das Resedagelb ist schön *Muster anflausch* und das Hellgrün auch. Leider sehe ich in den hellen Farben aus wie eine verkaterte Kartoffel mit Lebensmittelvergiftung. Betont also mein Breitformat, die Augenwinkel und ich sehe aus, als würde ich jeden Augenblick jemanden auf die Schuhe brechen. Also braun oder rot ...
 
Dann nimm Rot. Braun finde ich persönlich für eine
nicht ganz unvermögende bürgerliche Witwe
zu trist. Wobei ein Walnuss gefärbtes Dunkelbraun auch sehr schick sein kann. Aber mit einem schönen Krapprot ist man immer auf der sicheren Seite. Soll es planzengefärbt sein? Wenn nein, dann ist Naturtuche eine wirklich gute Adresse, wobei ich persönlich das Krapprot nicht ganz so "krappig" finde. Da sind andere Naturfarben besser gelungen. Das Reseda ist z.B. exakt getroffen :) da habe ich kürzlich erst wieder meine Färbung dran gehalten, und keinen Unterschied sehen können. Das Krapp wirkt ein klein wenig künstlicher, aber das kommt halt auch auf den eigenen Anspruch an.
 
Ich bin heilfoh, dass das Krapprot recht "un-krappig" aussieht. Ich habe die Farbe fast Orange im Kopf und das schmeichelt meinem Haferbrei-Teint nun wirklich nicht. :schock1 Außerdem beißt sich das mit den roten Haaren. Für später wolle ich mal eine gelbe Ausstattung mit braunem Surcote drüber. Aber das ist für später. Also zu Hause mal Dartpfeile werfen. :robin Was ich treffe, wird bestellt.
 
Es gibt ganz tolle rote Krappfärbungen! (Siehe VV-Bild) Von wunderschönem Erdbeerrot bis Rostrot ist da alles drin. (natürlich auch schönstes Orange... ;) ) Oh, sorry, die "reiche" Witwe hab ich nicht berücksichtigt!
 
Verehrte Katharina, auf das "reich" könnte ich verzichten. Ich glaube nur nicht, dass eine arme Frau meinen guten Futterzustand aufweisen würde. ^^ Und Witwe, weil man mir als Drache (die Bezeichnung ist nicht von mir, trifft aber) keinen Mann zutraut. Rostrot würde auch noch gehen .... Eigentlich bin ich allem offen, was nicht zu teuer (also für den Mittelalterlichen Bürger) zu teuer war und irgendwie dunkel ist - und nicht orange.
 

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