Hallo Zuzammen, da in Birka auf Björkö in mehr als 120 Gräbern Glasperlen anzutreffen waren, dauert eine Übersicht der Verwendungsmöglichkeiten etwas länger... Somit vorab einfach mal Beispiele zu den verschiedenen Fundlagen Birka... Die Angaben hier enthalten die Grabnummer, die Anzahl der Perlen und Angaben zu den in den Gräbern gefundenen Spangen (= Fibeln). Die erwähnten Grabpläne finden sich im
Statens Historiska Museett, es braucht dort einfach nur das Grab ausgewählt zu werden (also die Nr. oben rechts im Suchfeld eingeben oder mal blättern) und man bekommt zum einen den Fundpläne als auch einige der Funde aus dem jeweiligen Grab. Die Tafelangaben beziehen sich auf die Abbildung der Fibeln in Birka I. ÄBS steht dabei für die Ältere Birka Stufe, JBS für die Jüngere Birka Stufe. Diese Stufen entsprechen dem 9. bzw. 10. Jahrhundert. Dann folgt eine Beschreibung des Fundplanes und die Auslegung des Fundzusammenhanges und die entsprechende Schlüssel darauf, wie wurden die Perlen verwendet. Wenn mein Text hier etwas "mystisch" klingt, einfach Fragen... ein längerer Text mit allen Gräbern und auch erklärenden Abbildungen ist weiterhin in Arbeit.
Grab 464, 72 Perlen, 2 ovale Schalenspangen (Berdal-Gruppe, Taf. 59:1), 1 runde Spange, 1 gleicharmige Spange ohne Typisierung, ÄBS. Die Schalenspangen sind laut Birka I „durch ein Band von Perlen“ verbunden und auch der Fundplan spricht für diese Verwendung. Die Perlen wurden hier als Punkte eingezeichnet. Die Kette beginnt an den äußeren oberen Seiten der Spangen und wird im Alltag an den Seiten der Schalenspangen herab gehangen haben. Die Perlenkette im Grab sowie die weiteren Beigaben, z.b. ein an einem Seidenband befestigtes Messer liegen nicht in einer "natürlichen Lage", wie bei einer stehenden Person. Das Messer, welches mit einem seidenen Band an der linken Schalenspange befestigt ist, liegt am unteren Rand der rechten Schalenspange. Dieses Messer hätte senkrecht unter der linken Schalenspange herab hängen müssen. Eine gleicharmige Bronzespange, die an einer silbernen Kette befestigt, liegt zur Hälfte auf der auf der rechten Schalenspange. Die silberne Kette endet in einem Ring an der linken Schalenspange. Zur Befestigung des Ringes wurde der Rand der Schalenspange durchlocht. Auf Höhe der eingezeichneten Enden der Fibelkette weisen die Spangen hingegen keine zusätzlichen Lochungen auf. Da durch jedoch die Fundlage der Perlen von einer Fibelkette auszugehen ist, kann die Fibelkette nur an den mittleren Knöpfen (was für Knöpfe??) an den Außenseiten oder an dem umlaufenden geperlten Draht der Spange befestigt gewesen sein. Etwas deutlicher wird die Sachlage der Fibelkette mit dem folgenden Grab:
Grab 535, 11 Perlen, 2 Schalenspangen (beide Spangen sind schräg oberhalb der Nadelspitzen gelocht, in einer Lochung ist ein Haken erhalten, die Nadelspitzen zeigen Richtung Kopf, Typ Birka, Taf. 61:7), 1 gleicharmige Spange Gruppe I A:2 (mit Lochung). Die Perlen (d) liegen in ein bis zwei Reihen oberhalb der rechten Schalenspange (a), einige wenige einzelne Perlen streuen bis zur linken Schalenspange (b). Am inneren Rand dieser liegt senkrecht eine gleicharmige Spange. Beide Schalenspangen sind im oberen Bereich gelocht, eine hat dazu einen Haken. Dieser konnte in die Spange eingehakt und am anderen Ende des Hakens konnte die Perlenkette eingehängt werden. Die Verlagerung der Perlen ist durch ein Verrutschen des Bandes auf dem die Perlen aufgefädelt gewesen sind zu erklären. Dies kann z.B. bei der Beisetzung geschehen sein. Es spricht alles für die Verwendung der Perlen als Fibelkette am oberen Ende der Schalenspangen. Der Klassiker der Reenactment-Szene unter den Fibelketten findet sich dann in:
Grab 954, 30 Perlen, 2 ovale Schalenspangen (keine Abbildung, Lochung fraglich aber möglich, Typ P51 C2, ähnlich dem Typ Taf. 66:8), 1 Kleeblattfibel (mit einer gegossenen Anhängervorrichtung), JBS. Die Abbildung des Fundplanes ist in diesem Fall in "Birka I, Text" zu finden. Die unteren Enden der Schalenspangen (1) sind durch 2 Linien in einem nach unten weisendem Halbkreis aus 30 Perlen (6) verbunden. Dies wird eine zweireihige Fibelkette sein. Leider ist keine Abbildung der einzelnen Spangen vorhanden, damit ist die Art der Befestigung, an den Nadeln oder zusätzlichen Lochungen, nicht feststellbar. Dass die Kombination von Glasperlen und Spangen in einem Grab jedoch nicht zwingend die Trageweise von Fibelketten zur Folge hat, zeigt
Grab 966, 21 Glasperlen, 2 Schalenspangen (Typ P51 C1, Taf. 65:5, die andere Typ P51 C2 wie Taf. 66:8 bzw. ähnlich), 1 runde Bronzespange, JBS. Die Glasperlen liegen als enge Kette um den Hals. Handelt sich daher unbestreitbar um eine Halskette. Keine Fibelkette Dies verdeutlicht auch die folgende Fundlage:
Grab 570, 51 Perlen, keine Fibeln, JBS. 51 Glasperlen liegen in Linie direkt unterhalb des Schädels, demnach wurden sie als Halskette getragen. Und hier noch ein Sonderfall:
Grab 970, 53 Perlen, keine Spangen. Die einzigen weiteren Beigaben in dieser Bestattung in einem Sarg sind ein Schlüssel und ein Messer. Das Skelett ist nicht erhalten. Die Perlen 53 scheinen in einer 2-reihigen Spirale um einen Messergriff zu liegen. Die Anordnung scheint zu genau, als das es eine auf dem Körper abgelegte Perlenkette sein könnte. Die Art dieser Beigabe scheint umso unwahrscheinlicher, wenn man berücksichtigt, das die Bestattung in einem extra her gerichteten Sarg erfolgte. Und wieso sollte hiernach der Verstorbenen keine weitere Ehrwürdigkeit erboten werden, indem man ihr einfach ihre Beigaben so ins Grab legt. (Die "Ablage"-Theorie ist bei der Zahl der Beigaben und deren Lage für Birka nicht vorstellbar, dazu aber später mehr. Nur so viel: in den Gräbern mit Depot-Beigaben beträgt die bei der Bestattung abgelegte Perlenanzahl immer 8.) Eher scheint es eine Art von Bestickung, vielleicht einer Tasche, gewesen zu sein. Bei dieser Interpretation der Fundlage der Perlen ist sicher ein Verweis auf einen vergleichbaren Fund in Liebenau, Niedersachsen, Grab N7/A2 angebracht. Hier wurde eine Tasche mit mehreren hundert gelben und schwarzen Perlen verziert. Oder auch in Klepsau, Grab 29. Hier fanden sich 15 Glasperlen im Karree unterhalb des rechten Brustkorbs. (Lit.: Siegmann, Maren: Bunte Pracht - Die Perlen der frühmittelalterlichen Gräberfelder von Liebenau, Kreis Nienburg/Weser und Dörverden, Kr. Verden/Aller. Chronologie der Gräber, Entwicklung und Trageweise des Perlenschmucks, Technik der Perlen.Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas Bd. 28, Teil IV.).
Fazit in Kurz... Halsketten finden sich in Gräbern mit und ohne Spangen, Fibelketten nur in den Gräbern mit Spangen
Ein vorherrschender Modetrend lässt sich für das 9. oder 10. Jahrhundert nicht erkennen, auch wenn mehr Gräber für das 10. Jh. datiert sind - dieses Missverhältnis basiert jedoch darauf, dass im 9. Jahrhundert neben der Körperbestattung auch die Brandbestattung üblich war. Und im Falle der Brandbestattung kann keine Aussage mehr über die Verwendung der Glasperlen getroffen werden. Die Verwendungsweisen sind hiermit aber noch nicht abschließend vorgestellt, mehr dann bald...