Funde mit unbekanntem Zweck - wie geht Ihr damit um?

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Hendrik1975

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Buch 'Spurensuche Haithabu', Seite 286. Dort sind u.a. gelochte Scheiben aus Horn abgebildet mit eingeritzten Mustern und unbekanntem Verwendungszweck. Aus Copyrightgründen habe ich sie mal abgezeichnet: Durchmesser 3-4 cm, Dicke ca. 5 mm. Als möglicher Zweck wird 'Spielsteine?' angegeben. Wie geht Ihr mit solchen Funden um? Haltet Ihr es für legitim, diese einem eigenen Verwendungszweck zuzuführen? Von der Größe und den Mustern her könnte man die Dinger auch gut als Schmuck, beispielsweise als Anhänger an einem Band um den Hals tragen. Zulässig, oder 'böse'?
 

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Tja der Fund scheint in diesrm Buch nicht weiter beschrieben zu sein. Die Unterseite der Scheiben war wohl flach. Vielleicht hat man deswegen auf einen Spielstein geschlossen? Einzig der Hinweis auf weiterführende Literatur könnte einen weiter bringen. Seite 287 unten rechts Ulbrich, I 1978 Die Geweihverarbeitung S. 265, S. 78. Vielleicht dort mal nachschlagen... könnte ich mir jetzt als nächsten Schritt vorstellen.
 
Spurensuche Haithabu ist ja nur die Zusammenfassung mehrerer Bücher, die zum Glück 'meine' Bibliothek hat. Die Auflistung dazu ist hier https://katalog.ulb.hhu.de/Search/R...v:HT001236111&sort=volume_count_sort_str desc Ob die Details dazu wirklich in 'Die Geweihverarbeitung in Haithabu' oder einem der anderen stehen, weiß ich nicht. Da musst du dich einfach mal durchkämpfen. Aber als Amulett würde ich sowas nur verwenden, wenn es auch am Körper gefunden wurde.
 
Muss ja nicht gleich ein Amulett sein ( kultische Bedeutung), aber warum nicht einfach als Schmuck? An einer Halskette wurde und wird so ziemlich alles getragen was gefällt. Vom Muster her ja auch nicht etwas, das zwingend den Zweck verbieten würde oder abwegig erscheinen liesse. Hab selber ein Kästchen mit diversen Anhängern ( bis zum Stück einer meiner eigenen Rippen). Die werden, falls überhaupt, später auch nicht an meinem Körper ausgegraben. Wär dann eh auch völlig irritierend, weil man im 21. Jh. sonst kaum Belege finden kann, dass jemand eine eigene Rippe als Anhänger trug. Also würde dann auch wer weiss was interpretiert. Hatte auch mal eine Anzahl Münzen mit arabischen Schriftzeichen, von einer Ausgrabung in der Nähe römischer Siedlungen, mit kleinem Loch darin. Höchstwahrscheinlich auch als Schmuck getragen, obwohl der ursprüngliche Zweck sicher ein Anderer war. Selbst wenn es nun ursprünglich Spielsteine waren, kann man sie sicher auch als Schmuck tragen. Auch heute gibt es Halsketten mit einem Würfel und Aehnlichem daran. Spielstein als Glücksbringer? Warum nicht? Den Gedanken, dass ein gelochtes, graviertes Hornplättchen auch mal als Schmuck getragen wurde, finde ich nicht besonders abwegig, auch wenn es sich nicht absolut beweisen lässt. ( Genausowenig lässt sich ja beweisen, dass es ein Spielstein oder sonst etwas war.)
 
Woher weißt du, dass damals so ziemlich alles getragen wurde? Wenn du anfängst, dich mit der Wikingerzeit zu beschäftigen, wirst du feststellen, dass erstaunlich wenig gefunden wurde, was als Halskette / Schmuck für den Hals interpretiert werden kann. Da denke ich dann, dass weniger mehr ist. Und es funktioniert einfach nicht, wenn man von der heutigen Mode auf die Mode vor über 1000 Jahre schließt. Die Frauen haben damals auch keine Stöckelschuhe getragen ;-)
 
Wäre die Bohrung in der Mitte denn groß genug, dass zum Beispiel die Angel eines Messers durchpassen würde? Ich denke da Grade an die traditionellen finnischen Messer, bei denen auch Horn und Birkenrinde für die Griffrohlinge verwendet werden...
 
Wie ist denn der Fundzusammenhang? Gibt es einen Kontext, aus dem man weitere Schlüsse ziehen könnte?
 
Mich erinnert das an Spinnwirtel (was in Spurensuche Haithabu auch vermutet wird).
 
Das Kapitel (oder eher gesagt die eine Seite) ist mit 'gelochte Scheiben' überschrieben. Oben eine Reihe Bernstein-Objekte, beschriftet mit 'Perlen?', darunter mehrere Reihen ähnlicher Objekte aus Geweih, benannt mit 'Wirtel oder Spielsteine?' Spinnwirtel selbst werden im gleichen Buch noch einmal auf S. 358 ff. abgehandelt und sehen vom Profil her etwas anders aus. Ist denn bei Wirteln eine derartige Verzierung üblich, @Aisling? Die anderen im Buch waren deutlich schlichter. @Dunio - groß genug schon, kommt auf die Größe der Angel an ;-) @Panzerreiter - leider keinerlei Informationen hinsichtlich Kontext oder Fundort.
 
Vielleicht formuliere ich die Frage ein wenig um: gibt es Funde, die als Anhänger belegt sind, und die eine ausreichend große optische Ähnlichkeit zu diesen gelochten Scheiben aufweisen? Denn auch wenn mir diese Scheiben hier als Anhänger gut gefallen würden, sollte es dennoch hinlänglich vertretbar sein. Ein reines 'könnte man machen, weil es theoretisch möglich wäre' ist irgendwie zu wackelig.
 
Nächste Frage(n): - Wie schwer sind die Teile jeweils? - Wie groß ist das Loch? - sind die Teile im Original genau so krude (Kreisaugen und Rillen - "Gravur" möchte ich das nicht nennen) wie in der Zeichnung?
 
@Panzerreiter - Zum Gewicht werden keine Angaben gemacht. Auch nicht zur Größe. Bei den Abbildungen steht nur 'M 1:1' dabei, woraus ich einen Durchmesser von 3-4 cm und eine Dicke von ca. 5mm gemessen habe. Loch annähernd ebenso groß. Gewicht müsste man jetzt daraus schätzen, leider habe ich keine Ahnung vom spezifischen Gewicht von Horn. Die Rillen sind sauber gearbeitet (geritzt / geschnitten?), die Kreisaugen sind im Original etwas schöner und ordentlicher platziert als bei meiner Zeichnung. Umfang und Loch machen einen nahezu perfekt runden Eindruck. Kann Dir gerne ein Foto per PN schicken, mag es auf Copyrightgründen aber hier nicht öffentlich posten.
 
Muss nicht sein (Fotos). Ich versuche nur gerade, mir vorzustellen, wofür die geeignet gewesen sein könnten. Spinnwirtel klingt nicht schlecht, aber Horn erscheint mir etwas zu leicht um genügend Spin zu bekommen. Und 5 mm Dicke sind auch recht dünn dafür. (3-4cm Durchmesser ... hmmm ... wird sehr filigran, dieser Wirtel, oder, Mädels?) Daher die Frage nach dem Gewicht. Und die Frage nach dem Loch war, um abschätzen zu können, was da durch gepasst haben mag. Für einen Spielstein macht ein Löchlein dieser Größe keinen Sinn, für einen Spinnwirtel erscheint es mir auch etwas knapp bemessen. Und eine Messerangel passt eben auch nicht durch. Die Frage nach der Präzision und Sorgfalt der Schnitzarbeit war, weil mir das als Schmuckstück (Horn als Material und nach Zeichnung offenbar sehr krude gearbeitet) einfach zu pofelig ist. Wenn die in natura deutlich besser gearbeitet sind, vielleicht. Aber wofür? ich bin mir immer noch nicht schlüssig, weil an allen bisherigen Erklärungen ein Haken zu sein scheint.
 
Die meisten anderen Wirtel im Buch sind aus Ton gefertigt, also mit deutlich mehr Masse. Aber da will ich mich auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, weil ich da null praktische Erfahrung habe. Vom handwerklichen Aspekt her sind die Dinger genauso schön gefertigt wie andere Schmuckstücke, würde also schon grundsätzlich passen. Eine der Scheiben hat noch eingelassene Metallstifte, die plan mit der Oberfläche abschließen. Nach meinem Geschmack auch eher ein Hinweis auf Schmuck. Ob man eine Spinnwirtel so verziert hat, kann ich nicht sagen, da sind die Damen tiefer im Thema drin.
 
Muss nicht sein (Fotos). Ich versuche nur gerade, mir vorzustellen, wofür die geeignet gewesen sein könnten. Spinnwirtel klingt nicht schlecht, aber Horn erscheint mir etwas zu leicht um genügend Spin zu bekommen. Und 5 mm Dicke sind auch recht dünn dafür. (3-4cm Durchmesser ... hmmm ... wird sehr filigran, dieser Wirtel, oder, Mädels?) Daher die Frage nach dem Gewicht.
Ich spinne mit einer 9 gr, schweren Spindel (inkl. Stab!). Der Wirtel aus Knochen ist 1 cm dick und 2 cm im Durchmesser. 5 mm dicke halte ich für durchaus machbar und nutzbar als Spinnwirtel.
 
Eine meiner Spindeln sieht so aus... mit 31 g ist es eine meiner 'schweren' Spindeln
 

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@Lisabeth - okay, gewichtstechnisch liegen das unbekannte Objekt und Deine Spindel in einer vergleichbaren Größenordnung. @Aisling - sieht sehr hübsch aus! Nach Fund dekoriert, sprich - war sowas damals üblich, oder eine freie Interpretation von Dir?
 
Um noch ein wenig mehr Verwirrung zu stiften habe ich mich mal ein wenig durch die mir zur Verfügung stehende Fachliteratur und andere Quellen gewälzt. Birka I - die Tafeln. Tafel 118, Grab 854. Dort ist eine Kette zu sehen, an der u.a. auch an einem silbernen Drahtring ein ähnliches scheibenförmiges Objekt hängt. Als Material wird Glas angegeben, Durchmesser ca. 2 cm. Bild siehe: http://catview.historiska.se/catview/media/lowres/28713 Zusätzlich eine weitere Kette aus der schwarzen Erde in Birka: http://mis.historiska.se/mis/sok/fid.asp?fid=422678 Auch dort zwei sehr ähnliche scheibenförmige Objekte, leider ohne Größenangaben. Als Material wird - ohne exakte Zuordnung - 'Alabaster, Marlek (=Marmor), Fossil' genannt. Mein Schwedisch ist nicht gut genug, um 'fossil' anders als evtl. 'Knochen' zu interpretieren, da der Google-Übersetzer hierfür auch nur 'Fossil' ausspuckt (ohne Alternativübersetzungen). Ja, Birka ist nicht Haithabu. Die Ähnlichkeit der Objekte und die gleichzeitige Vielfalt an verwendeten Materialien stimmt zumindest mich dennoch nachdenklich, ob eine mögliche Verwendung als Schmuck eventuell doch nicht ganz so abwegig ist. Spinnwirtel vs. Anhänger 50:50 - Wie seht Ihr das?
 

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