Schuppenpanzer im Lauf der Geschichte

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So ähnlich :rolleyes: Meine Fundlage: aus dem Büchlein THE BOWSTRING WARRIOR SOCIETY LEDGER wohl 34 Seiten Stark und für bescheidene 185.000 USD über Sotheby's verkauft. Und nein, hatte da vorher auch nie nichts niemals darüber gehört oder gelesen. Tante Google ist einfach eine starke Suchmaschine. Link dazu mit detaillierter Beschreibung kann ich gerne nachreichen, sofern gewünscht, nur möchte ich dieses unseren "Kuhjungen" überlassen und nicht vorweg nehmen. Howdy and So Long :rauch01
 
Exkurs: Ledger Art @askalon und @Thirk, Ihr habe beide recht. Die Skizze zeigt einen Krieger der "Bogensehnen-Kriegergesellschaft" der südlichen Cheyenne. Das heißt, der Mann hat sich selber gezeichnet. Ledger Art ist der naiven Malerei zuzuordnen. Weitere Informationen gibt es hier bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ledger_Art Die englische Seite ist etwas ausführlicher: https://en.wikipedia.org/wiki/Ledger_art Die Bildersammlung auf Wikimedia commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Ledger_art Genau wie Mittelalter-Darsteller alte Fresken studieren, um zu erkennen wie der Schild bemalt war, dient Ledger Art den Indianer-Hobbyisten als Primärquelle. So kindlich manche Zeichnungen auch scheinen, offenbaren sie eine Fülle an Details - vor allem Farben, die absolut authentisch sind. Auch wenn der Indianerdarsteller auf ein schier unerschöpfliches Reservoir an Originalrealien, Fotografien und Gemälden zurückgreifen kann, sind ledgers vor allem dazu geeignet, Hobbymythen und reenactorisma zu widerlegen - so zeigt ein ledger des in Ft. Marion inhaftierten Cheyenne "Arrow" zigaretterauchende Krieger (was im Hobby ein absolutes "NoGo" war). Unlängst hat ein Indianer-Hobbyist aus den USA anhand von ledgers analysiert, auf welche Arten und Weisen der Pfeilköcher getragen wurde... Also, das zuvor gepostete Bild stammt von vor 1860 und entstammt dem Buch was Thirk im Post vorher beschrieben hat. Der Mann trägt einen Schuppenpanzer mit langen Ärmeln. Gabs nicht? Doch. Sonst hätte er sich nicht so gezeichnet - und Mittelaltermarkt-Besucher war er mit Sicherheit nicht. :D Auch Indianernamen wie "Iron Shirt" deuten darauf hin. Warum ist dieser Exkurs wichtig für unseren mittelalterlichen Schuppenpanzer? Dazu in Kürze mehr.
 
Teil 10 Das Eisenhemd Der amerikanische Künstler Tom Lovell ( https://en.wikipedia.org/wiki/Tom_Lovell ) hat das Thema Schuppenpanzer bei den Indianern in einem seiner Gemälde verarbeitet. DSCN0005.JPG "Das Eisenhemd" (Ausschnitt) Quelle: Die Kunst von Tom Lovell - Die Geschichte Amerikas in Bildern, Don Hedgpeth und Walt Reed, Bechtermünz Verlag im Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 1996 Ich zitiere die Originalbeschreibung im Buch: "Die ersten Konquistadoren, die nördlich des Rio Grande auftauchten, mußten den Indianern, die ihnen begegneten, in der Tat furchterregend erscheinen. Sie ritten auf seltsamen Tieren, die noch kein Indianer gesehen hatte, und trugen Kleider, durch die kein Pfeil drang. Sie kamen um Gold und für Gott, aber ihre Eroberung war letztlich nicht von Dauer. Unter der sengenden Sonne des Südwestens bleichten ihre spanischen Träume dahin wie ihre Gebeine. In einem Arapaho-Lager bietet ein mexikanischer Händler ein "Eisenhemd" an, ein Wams aus Metallschuppen. Er will es gegen einen weißen Maulesel eintauschen. Die Medizin des Eisenhemdes mag dem Arapaho weitaus stärker vorkommen als seinem jetzigen Besitzer. Es gibt eine Geschichte von einem Eisenhemd wie diesem, das Jahre später im Besitz eines Cheyenne namens Medicine Water gefunden wurde und noch immer dessen ganzer Stolz war." Ein Teil eines solchen Schuppenpanzers wurde tatsächlich in den südwestlichen Ebenen der USA gefunden. Allerdings gab er mehr Rätsel auf als Antworten. Aber für den Mittelalter-Darsteller, der sich einen Schuppenpanzer bauen (lassen) möchte, ist er der Schlüssel zur erfolgreichen Fertigung. Dazu mehr in meinem nächsten Beitrag.
 

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Teil 11 The Bourke Scale Armour - Die Bourke Schuppenrüstung (in aller Kürze...) Der Kavallerieoffizier Captain John Gregory Bourke diente während der Indianerkriege im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts u.a. im Stab von General George Crook an vielen Orten der südwestlichen Plains. Er war Hobbyanthropologe und veröffentlichte Armeeerlebnisse und ethnologische Studien. Der Armeearzt Dr. Charles Styer fand die Rüstung nebst Gorget und Helm im Llano Estacado (im Südwesten von Texas) und vermachte sie Bourke. Dieser nagelte sie an eine Zaunslatte, befestigte einen Draht und hängte sie als Deko an eine Wand seines Offizierquartiers in Camp Grant (an der Grenze zu Arizona). Es war damals üblich, historische Artefakte als Dekoobjekte zu nutzen. (Latte und Draht sind heute noch dran) In seinen 1891 erschienenen Memoiren "An der Grenze mit Crook" beschreibt er sie erstmalig als einfach in Konstruktion und wahrscheinlich einem spanischen oder mexikanischem Fußsoldaten zugehörig. Sie wechselte mehrmals den Besitzer und gelangte zum Schluß in den Besitz der NSHS - der Nebraska State Historical Society. Hier wurde sie erstmals wissenschaftlich beschrieben, zusammenfassend ist zu berichten, dass sie aus 302 Schuppen besteht, davon 280 schildförmige und 21 rechteckige. Eine weitere schildförmige wurde zur metallurgischen Untersuchung abgetrennt und nicht wieder angebracht. Die Basis besteht aus Baumwollstoff. Die einzelne Schuppe wurde im Labor für Archäometallurgie der Universität Arizona untersucht. Die Schuppe hat eine Dicke von 0,8 mm plusminus 0,04 mm. Sie enthält Schlackeeinschlüsse und wurde vemutlich in einem Rennofen hergestellt, als Platte ausgewalzt und dann ausgestanzt. Die Datierung vom Gewebe ergab eine Fertigung zwischen 1665 und 1952 (!), so dass die Rüstung nicht wie damals angenommen der Coronado-Expedition zugeordnet werden kann (siehe Teil 9). In den 1920er Jahren wurden etwa 320 lose Schuppen in der Nähe der Stadt Aztec im Nordwesten von New Mexico gefunden, die den Bourke-Schuppen ähneln. Alle sind - auch die Bourke-Schuppen - 25 mm breit und 40 mm lang und haben oben zwei Löcher für Niete. In der Fachschaft gab es wüste Spekulationen über die Herkunft, denn die Conquistadores scheiden aus. Das ging von Freimaurer-Ritualgewändern bis zu Walküre-Theaterkostümen. Es ist möglich (und am wahrscheinlichsten) dass solche Rüstungen für den Indianerhandel aus vorrätigen oder extra hergestellten Teilen zusammengebaut wurden, denn der Anthropologe George Bird Grinnell erwähnt rüstungstragende Krieger und Häuptlinge bei den Comanche, Cheyenne, Apache, Pawnee und Kiowa. Somit dürften "Eisenhemden" so selten nicht gewesen sein. Mit Sicherheit ist die Bourke-Rüstung kein veraltetes mittelalterliches Ausrüstungsstück das den Weg in die Neue Welt gefunden hat - und nach Meinung der Experten höchstens 200 Jahre alt. BourkeScaleArmour1.jpg Vorderseite Quelle: NSHS online-Vortrag BourkeScaleArmour2.jpg Rückseite Quelle: NSHS online-Vortrag Zur Konstruktion und Befestigung der Schuppen komme ich demnächst im vorletzten Beitrag... denn das ist ebenso einfach wie praktisch wie genial...
 

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Den letzten Beitrag zum Thema habe ich vor fast 2 Jahren geschrieben. Die Konstruktionsanleitung steht immer noch aus. Dazu muss ich morgen ein paar Fotos machen, dann geht es hier weiter. Vorab sei so viel verraten: Leder wird bei "meinem" Schuppenpanzer nur in Form von Riemen etc. verwendet. Trägermaterial ist ein leichtes, festes Gewebe. Die Metallschuppen werden aufgenietet. Ich hoffe, ich kann das damalige Interesse wiederbeleben...
 
Die Schuppen auf ein Gewebe aufzunieten halte ich für keine gute Idee, aber mach ruhig. Ich lerne gern aus den Erfahrungen anderer. Was Sinn macht, wäre, die Schuppen auf einen Lederstreifen aufzunieten und diesen dann auf das Gewebe aufzunähen. Mein nächster wird so gemacht werden. Die Schuppen habe ich schon da dafür, aber die Motivation absentiert sich noch ein wenig.
 
Teil 12 (Schluss) Verarbeitung Wenn ich schrieb: "der richtige Weg" so müsste es heißen: ein zweckmäßiger Ansatz. Allerdings räumt er alle Probleme aus die bisher beim Bau von Schuppenpanzern auftraten. Ich habe bei meinem Probestück genauso gearbeitet wie bei der Bourke-Rüstung. Die Schuppen (2 Löcher!) werden auf einen 4,5 cm breiten, in der Mitte gefalteten und vernähten Stoffstreifen aus Baumwolle* oder Leinen genietet. Da der Streifen nunmehr 2 cm breit ist, nimmt die Schuppe den unteren 1 cm in Anspruch, während der freie Teil oben zum Aufnähen auf den Träger gedacht ist. WP_20220728_18_21_53_Pro.jpg Für die Probe habe ich Messingschuppen gebastelt und mit handelsüblichen Nieten befestigt. Mein Streifen ist ein fester, etwas dickerer Baumwoll*köper. Für einen Panzer empfiehlt es sich, die Streifen mit den Schuppen als Meterware herzustellen. Warum statt des Stoffstreifens kein Leder? Die Bourke-Rüstung ist ebenfalls mit Stoffstreifen gefertigt. Leder wird irgendwann brüchig wenn es nicht gefettet wird. Es hält die Nässe länger als Stoff - die Schuppen beginnen zu rosten. es ist nicht so flexibel wie Stoff. Leder lässt sich nicht so leicht aufnähen. * zu Baumwolle siehe hier: Baumwolle neu überdenken? Der Träger für diese ganzen Stoffstreifen mit den Schuppen ist eine...
 

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...Cotte oder ein ähnliches Kleidungsstück. Material ebenfalls wieder Baumwolle oder Leinen. Keine Wolle - zu warm, nicht fest genug, hält ebenfalls die Nässe, trocknet nicht so schnell. Kein Leder - aus den oben genannten Gründen. Hier meine Probe mit aufgenähten Schuppenstreifen: WP_20220728_18_23_13_Pro.jpg Ansicht mit hochgeklappten Schuppen: WP_20220728_18_23_32_Pro.jpg Rückseite (wäre also innen): WP_20220728_18_23_50_Pro.jpg Somit haben wir beides gemacht: genietet und genäht. Statt nur eines davon... Die Vorteile liegen auf der Hand: Ich kann an einem bequemen Arbeitsplatz meine Schuppen vorbereiten. Ich muss mich nicht verrenken, um bei einem Lederwams an irgendwelche Stellen zu kommen um zu nieten. Ich muss keinen Faden suchen der sich nicht durchscheuert. Ich kann eine fehlende Schuppe einfach ergänzen, indem ich die Lagen darüber anhebe und das fehlende Stück einnähe. Ich brauche keine Ahlen um beim Nähen vorzustechen. Nur eine ordentliche Nadel. Ich spare Gewicht durch den Verzicht auf Leder. Ich habe eine Rüstung, die flexibel jede Bewegung des Körpers mitmacht, denn...
 

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... Stoff ist nicht so starr wie ein Leder. So wie in einer Cotte, Tunika usw. bewege ich mich in dieser Rüstung. Nein ich habe das nicht ausprobiert, denn außer der Probe habe ich kein weiteres Schuppenpanzerwerk gefertigt. Aber beim Ziehen in Schrägrichtung gehen die Schuppenstreifen mit: WP_20220728_18_24_27_Pro.jpg Wenn man z.B. den Arm anwinkelt passiert folgendes. Im Ellenbogenbereich klaffen die Schuppen außen auf während sie sich innen zusammenschieben: WP_20220728_18_24_54_Pro.jpg Da die Schuppen ja nicht dachziegelartig übereinander sind sondern um die Hälfte versetzt, braucht man auch halbe Schuppen mit nur einem Loch oder an anderen Körperstellen abgeschrägte usw. Auch diese finden sich an der Bourke-Rüstung. Wie gesagt, diese Rüstung, die einzige Realie wo man diese Machart oder überhaupt eine Machart sieht, stammt nicht aus dem Mittelalter. Ich gehe davon aus, dass sie in der selben Art und Weise gefertigt wurde wie die Schuppenpanzer hunderte Jahre vorher. Ich danke @Panzerreiter für den Austausch vor einigen Jahren sowie das Übersenden einer seiner Schuppen (aus Eisen - nicht was Ihr jetzt denkt), WP_20220728_18_20_49_Pro.jpg sowie @Thomas W., @Sky und @Thirk für Ihre praktischen Vorarbeiten und ihr Interesse sowie sachdienliche Hinweise. Thema somit beendet, auch wenn es einen Extra-thread gibt freue ich mich auf Fragen und eine anregende Diskussion hier an dieser Stelle. Euer Wilfried F. (Tenneberg)
 

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