Generell wurde ja auch nicht wie heute genäht. Versuch mal in eine heutige Jeans seitlich an der Kappnaht einen Streifen einzusetzen. Durch die maschinelle Verarbeitung mit Overlockstich etc. ist das heutzutage fast ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man keine Ausbldung als Änderungsschneider hat. Im Mittelalter wurden häufig erst die Einzelteile der Stücke versäubert, bevor sie mit einem Überwendlingstich zusammen genäht wurden. Diese Nähte kriegt man problemlos mit einem scharfen Messer (oder heute mit einem Fadentrenner) wieder auf, setzt ein genau so vorher versäubertes teil dazwischen und am Ende entdeckt man nähtechnisch keinen großen Unterschied. Ich denke mal, die haben vün jedem Kleid, das genäht wurde, auch Stoffreste aufgehoben, um z. Bsp. mal einen Flicken zu setzen oder um es weiter zu machen. Und da sie ja nicht 8-10 Stunden vorher im Büro saßen, sondern den ganzen Tag nichts anderes vor hatten, war das auch kein Zeitproblem. Adelskleider bis Ende des 12. Jh. wurden sowieso schmal genäht und mit Schnürung auf Taille bekommen, wenn man da etwas zulegte, dann klaffte die Schnürung an den Seiten nur etwas mehr auf, was aber kein Problem war. Später wurde generell weiter genäht, auch da konnte man durchaus ein paar Pfund zulegen. Und wer betucht genug war, hat sich einfach ein neues Gewand anfertigen lassen. Wer nicht (Bauern etc.) - ich denke eher, dass die weniger mit Übergewicht zukämpfen hatten. Die einfachen Kleider, die ich aus Düppel kenne, sind mit einer 70er-Breite auch so geschnitten, dass man durchaus auch hätte Zwillinge kriegen können, ohne ein neues Gewand nähen zu müssen. Erst mit Aufkommen des Schneiderhandwerks und den engen Sachen des Spätmittelalters könnte dieses Problem wieder entstanden sein, aber selbst da glaube ich weniger, dass man "Auslassstoff" verwendet hat.