Hallo Viator, manchmal denke ich auch, dass wir beide schonmal aneinander vorbei reden oder nicht verstehen, was der andere meint, ich habe den gesamten Thread gelesen. Zur Baumwolle:
Mit Baumwolle wäre ich auch in den anderen Epochen vorsichtig, denn die heutige Baumwolle enztspricht nicht dem mittelalterlichen Barchent.
Trixiemueller hat es im 5. Beitrag bereits angedeutet, aber es kann sein, dass du es nur überflogen hast (
sorry, der musste sein ) Baumwolle findet sich im Mittelalter wenn, ausschließlich als Mischgewebe, mit Leinen, aber auch mit Wolle oder Seide und ist nicht vergleichbar mit heutigen Baumwollstoffen. Und wenn man so ein Mischgewebe möchte, geht's wieder an den Preis. Laut Wikipedia waren englische Spinner bis 1750 nicht in der Lage, Baumwollfäden zu spinnen, "die ausreichend fest genug waren, um reine Baumwollgewebe herzustellen". Auch wenn Wikipedia als Quellenangabe schon reichlich diskutiert wurde, Baumwolle im Mittelalter ist nicht zwingend mein Spezialgebiet, aber unter den Stichworten "Baumwolle" oder "Barchent" findet man bestimmt weiterführende Literaturangaben. Zur Gewandung und Grundausstattung: Danke, die Seite von familia-ministerialis kenne ich und mir war auch bewusst, worauf du Bezug nimmst. Nur, wer geht wirklich als Tagelöhner auf eine Veranstaltung? Ein Einsteiger oder jemand, der sich schon länger auskennt und ärmliche Zustände zeigen möchte? Die von David Seidlitz (familia-ministerialis) gezeigte Tagelöhnerdarstellung mache ich dir auch für unter 100 Euro mit handgewebtem Leinenstoff (villicus, Breite 70 cm, 10,- / m). Denn ich brauche keine Schuhe, keinen Mantel, nur Gewand und Bruche. Möglich ist das, Honiglecken wirklich nicht. Ich denke, da gehört schon eine Portion Idealismus dazu, um Barfuß in dünner Kleidung über eine veranstaltung zu laufen. Bei deiner Frage "Was möchte ich erreichen?" Hast du Variante C vergessen: Das Gewand, das dem eigenen Anspruch entspricht. Alte Handwerkstechniken erlernen bzw. vieles selber zu machen halte ich für löblich und ist ja auch ganz oft eine Motivation, dieses Hobby zu betreiben. Andererseits, wie ich ja versucht habe am Beispiel mit den Naalbindingsocken deutlich zu machen, bis man gerade bei Socken oder bei Schuhen eine Qualität erreicht, die sich im Mittelalter sehen lassen könnte, hat man eine Menge Lehrgeld nicht zuletzt an Verschnitt und Material gezahlt. Die Meinung, nur weil es selbst gemacht ist, passt es und ist authentisch halte ich für sehr problematisch. Der Leinenstoff des oben angesprochenen Tagelöhners war wahrscheinlich sorgfältiger und hochwertiger gewebt, als das Untergewand so manchen heutigen Edelmannes und die Nähte garantiert sauberer und gleichmäßiger als heute so manches "Sonntagsgewand". Ich weiß, im Text heißt es, "Der Kittel ist einfach geschnitten und ohne aufwändige Techniken und Details mittels derbem Leinenzwirn grob genäht." Nur, wenn man sich das Detailfoto der Nähte betrachtet, ist dieses "grob" schon sehr fein. Man muss es halt im richtigen Verhälnis betrachten.