Wikinger...

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Ich kann hier auch keinen "moralinsauer erhobenen Zeigefinger" finden. Im Gegenteil ist doch mehrfach betont worden, dass jeder nach seiner Fasson sein Hobby gestalten sollte. Die Diskussion um die Verallgemeinerung von Begriffen habe ich eher auf die Allgemeinheit bezogen verstanden und nicht als Generalkritik an Menschen, die sich dem (wie auch immer ausgerichteten) Hobby mit Freude widmen. Die gleiche Diskussion könnte auch zu dem Begriff "Mittelalter" geführt werden. Bei der Frage, warum sich Menschen (gefühlt, scheinbar oder tatsächlich) mehrheitlich für "die Wikinger" entscheiden, scheint mir dieser Aspekt durchaus eine Rolle zu spielen. Es kann hier aber doch nur darum gehen, welche Ideen einzelne dazu haben. Manche teilt man, manche nicht. Da fällt mir das schöne Zitat von Heinz von Foerster ein "Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners".
 
Das erste Interesse wurde - muss ich offen und ehrlich gestehen - durch die Serie 'Vikings' geweckt. Da war natürlich das coole, herbe, männliche Bild des stolzen Wikingers, was enormen Reiz ausgelöst hat. Genauso sah meine erste Darstellung auch aus. Der klassische Sven Schlammledersson mit Lederrüstung, Schulterfell, Axt und Trinkhorn. Mit diesen Vorstellungen bin ich dann hier im Forum aufgeschlagen. Nach den üblichen uneinsichtigen GroMi-Diskussionen meinerseits ("die waren ja nicht doof damals", "wäre doch alles gut denkbar...", blablabla) und entsprechend viel Gegenwind von den Mitgliedern hier habe ich dann irgendwann mal mit seriöser Recherche angefangen. Erst widerwillig, weil 'Vikings' ja im Grunde schon alle Fragen geklärt hatte, ne? ;-) Dann kam der Punkt, bzw. die Erkenntnis, dass meine Vorstellung und die Realität komplett diametral zu einander standen. Aber genau das war der Moment, wo es 'klick' im Kopf gemacht hat. Ab da wurde es für mich unheimlich spannend. Ich wurde richtig heiß darauf herauszufinden, wie es 'damals' möglicherweise wirklich war. Nun ja, der Keim war gesetzt, sehr viel neue Literatur hielt im Bücherregal Einzug, und gigabyteweise landeten die PDFs auf dem Rechner. Okay, lange Vorgeschichte. Warum immer noch 'Wikinger', wenn es sich doch als was völlig anderes heraus gestellt hatte, als mir ursprünglich vorschwebte? Es ist zum einen genau dieser Gegensatz, der mich reizt. Wie man Stück für Stück ein Trugbild durch viel Recherche übermalen und durch Fakten ersetzen kann. Macht unheimlich viel Spaß, und gerade weil die Recherche nicht einfach ist, nochmal eine Spur reizvoller. Bezüglich Regionalität: die Wikis kamen seinerzeit bis auf 10km an meine Heimatstadt heran. Sie waren der Anlass, dort am Flussufer eine befestigte Verteidigungsanlage zur Abwehr zu errichten (mit Erfolg übrigens). Aus dieser Anlage wurde später das Schloss Broich in Mülheim an der Ruhr. Hier fand dann auch mein erster Mittelaltermarkt statt (total GroMi, aber vom Flair her immer noch mein liebster Markt, eventuell auch einfach aus verklärter Nostalgie heraus ;-) ), der in mir das erste zarte Interesse weckte. So, an dieser Stelle schließt sich dann der Kreis :)
 
der allerbanalste Grund : wenn man so etwas machen will, will man auch oft Gelegenheit zum spielen haben, also macht man das was gefühlt ALLE machen. So bin ich jedenfalls zu 1250 gekommen. Als wir begannen machte das gefühlt JEDER. Mein Eindruck ist, lässt man sich auf die Sache ein, springt einen eine Zeit an und ehe man sich versieht hat man komische Klamotten an und weiß nicht warum ausgerechnet das und nicht etwas Verwegenes. Das geht mir jedes einzelne Mal durch den Kopf wenn ich den unbequemen blauen Kartoffelsack anziehe.
 
Von der Serie Vikings gabs ja sogar mal 'nen Ableger, die Real Vikings, in der edutainmentmäßig die wahre Geschichte vermittelt werden sollte, zu Schwerpunktthemen in der Serie - also zum Beispiel das Thema "Schildmaiden", da durfte dann die Schildmaid aus der Serie moderieren, was es mit diesen in der Wirklichkeit so auf sich hatte. Allerdings war auch diese, sich selbst wohl als Bildungsfernsehen (bzw Bildungsinternet, da die Folgen nur online aufrufbar waren) betrachtende Unterserie nur sehr bedingt an der trockenen historischen Wahrheit interessiert. Die sollte wohl eher die Serie etwas historisch schönreden. Aber wenn der Viking die Leute nun schon als seriöses Bildungsformat ansprang, kann man vielen Fans der Serie nur schwer einen Vorwurf machen, wenn sie zumindest den Real-Teil ganz naiv erst mal für bare Münze nahmen. Kleine :eek:ff1 Anekdote: Vor ein paar Jahren - 2015 - erwartete mich meine Frau nach der Arbeit zu Hause und sagte etwas irritiert: Du, da war ein Anruf für Dich auf dem Diensttelefon, irgend jemand aus Kanada. Die Dame rief am nächsten Tag noch mal an und fragte, ob ich mal Zeit hätte für ihren Chef. Hatte ich und bekam von eben jenem Herrn zum vereinbarten Termin einen Anruf. Der kam gleich zur Sache und erzählte mir, ich sei ihm empfohlen worden, weil ich "Experte" sei für karolingische Panzerreiter. "Well", antwortete ich etwas amüsiert, "I admit that I do have some little knowledge in that topic..." Er fragte, ob ich die Serie Vikings kenne, und eventuell sogar deren Ableger "the Real Vikings", von diesem Ableger sei er der associate producer. Und er würde nun von mir gerne wissen, für Serie und Real Vikings, wie ich als karolingischer Panzerreiter so einen Wikingerschildwall angegriffen hätte bzw angreifen hätte lassen. Ihr wisst ja - der Schiiiildwaaaallll, die allmächtige Allzweckwaffe, die zuverlässig gegen alles hilft, von eingewachsenen Zehennägeln bis zu Panzerdivisionen. Er habe da schon eine andere "Expertengruppe" befragt und die wären da dann langsam parallel zum Schildwall entlanggeritten und hätten mit ihren Waffen von oben drauf eingeschlagen, um über die Schildränder zu kommen. Meine Frage, wer denn im Angesicht von mit Dänenäxten bewaffneten Infanteristen (in der zweiten Reihe) auf eine so bescheuerte Idee käme, brachte ihn etwas aus der Spur - und erschütterte mein Bild der mir wohlbekannten Gruppe. Warum ich das erzähle? Um zu zeigen, wie heutige, aus dem MA-Markt und dem Schaukampf geborene organisatorische und safety-Notwendigkeiten wiederum Einzug in die"Bildung" halten und sich der Schwachsinn auf diese Weise selbst befruchten kann, womit wir wieder :back wären. Nuja, ich hab ihm dann meine Version beschrieben und er war wohl ein wenig enttäuscht, weil seine geliebte raiding party ob mit oder ohne Schildwall keine Chance gehabt hätte. Das allerdings wäre halt nicht schaukampf- und markttauglich gewesen. Gehört habe ich jedenfalls nix mehr. Ich habe mir aber daraufhin mal gezielt ein paar Folgen der Real Vikings reingezogen und war ... nennen wir es mal ... nicht überzeugt. Jedenfalls ist Vikings ja nicht allein der Patient Nummer 1, von dem der Virus sich ausbreitete. Seit den 50er Jahren sind die Wikinger in Film und Fernsehen regelmäßig Thema und auch der kleine Panzerreiter verschlang begeistert seine Was ist Was Hefte und die zahlreichen ähnlichen Formate, war neidisch auf die Freunde mit den Playmobilwikingerschiffen und kannte die Prestigeklasse des Berserkers aus diversen Rollenspielen, liebte den raubeinigen "ehrbaren Piraten und Händler, der halt ab und zu seine Berufe durcheinanderbringt" Boltar aus den Prinz Eisenherz Heften und las später die Thorgal - Comics. Und obwohl ich mich heute natürlich besser auskenne als damals, muss ich gestehen, dass ich beim Thema "Skandinavische Eisenzeit" spontan das Bild eines rotbärtigen Wikingers im Kopf habe, der in der einen Hand ein Trinkhorn und in der anderen eine viel zu große Axt hält. Das klassische Bild des Wikingers ist halt einfach omnipräsent. Wenn ich mal eine Zweitdarstellung aufbauen sollte, stünde die Wendelzeit weit oben, weil ich dann genau so aussehen könnte, wie die Wikingerdarsteller immer aussehen möchten :whistling: Das wird ein Spaß :D
 
Ich verstehe einfach nicht wie etwas, das die meisten hier als Freizeitbeschäftigung betreiben, immer wieder von verschiedenster Seite mit dem moralinsauer erhobenen Zeigefinger betrachtet werden muss. Ist doch völlig egal was jemand darstellen möchte solange er Spaß daran hat. Wenn dann noch Recherche und Anspruch passt ist das vollkommen in Ordnung.
Moralinsauer, also normativ bewertend (um es etwas wertfreier auszudrücken) ist erstmal nicht meine Intention gewesen. Ich hatte zwei Fragen: 1. Für mich war und ist es erstmal naheliegend, mich mit der Geschichte der Gegend und Kultur zu beschäftigen, aus der ich selber komme. Jetzt sehe ich aber hier viele aus Gegenden südlich von HH, die also ein gutes Stück entfernt sind von dem ursprünglichen Siedlungsgebiet der "Wikinger" (jetzt benutze ich den erweiteren Begriff, daher die Anführungszeichen), aber die dennoch die Beschäftigung mit einer dann ja fremden Kultur der "eigenen" vorziehen und dass es hier eine eindeutige Präferenz in eine ganz bestimmte Richtung gibt. Das hat einfach meine Neugier erweckt. So hier war die Frage: was ist daran so faszinierend? Und es geht hier ja viel um Waffen, daher die Probedeutung der "VerHERRlichung", gerade im Zusammenhang mit den Schildmaiden: warum ist es toll, jemandem anderes mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand Schaden zufügen zu können? Und warum biegt man und sucht man, bis man Beispiele findet, dass auch Frauen das gemacht haben (was ja wahrscheinlich so war, Menschen sind Menschen), um dass dann überproportional herauszustellen? Das ist ja nicht nur ein Forumsphänomen, sondern geschieht ja auch draussen in der übrigen Gesellschaft. Woher kommt die Spannung, die Aufregung? Das finde ich interessante Fragen. Bis hier trieb mich einfach die Neugierde. Dann kam die Antwort, dass der Begriff "Wikinger" hier weiter gefasst wird, als sein eigentlicher Inhalt rechtfertigt. Da habe ich tatsächlich eine Bewertung, denn erstens bin ich überzeugt, dass sich die damit als "Wikinger" bezeichneten dem widersetzen würden und zweitens ist ja dieses Phänomen Wikinger interessant auch im Kontext der nordischen Gesellschaften. Die zunehmende Entfremdung zwischen denen, die auf viking gingen, und denen, die das nicht taten und die Entwicklung einer Subkultur innerhalb des Formenkreises der nordischen Kulturen ist doch unglaublich spannend. All das wird platt gemacht, wenn man einfach alle über einen Kamm schert. Das wäre, als wenn man in 1000 Jahren alle Bewohner Westdeutschlands oder am besten gleich ganz Westeuropas pauschal als RAF-Anhänger bezeichnen würde... nur weil es Deutsche waren, die spektakuläre Flugzeugentführungen etc gemacht haben. Ich glaube nicht, dass wir das schätzen würden, oder? Oder alle Menschen aus dem südlichen Mittelmeerraum pauschal als "Islamisten"? Es macht ein geschichtliches Phänomen schwer verständlich, weil sich veränderte Dynamiken zwischen Gruppen in den Gesellschaften auflösen, wenn man alle gleich bezeichnet. So meinetwegen kann jeder, der will, mit Hörnerhelm, Nackenfell etc rumlaufen und meinetwegen auch "Wikinger" sein, aber wenn ein Begriff mit einem definierten Inhalt einfach mit einem anderen, erweiterten Inhalt belegt wird, und das aus einer komplizierten aber faszinierenden Historie ein plattes Einheitsgemsch macht dann stört mich das generell, weil es der Sache nicht gerecht wird. Das es sich um die Kultur meines Geburtslandes und meines jetzigen Wohnortes handelt, mag eine Rolle spielen, aber in dem Fall ist der untergeordnet. Mich stören einfach unzulässige Pauschalisierungen, denn ich denke: Besser können wir. Deutlicher? //M
 
Moralinsauer, also normativ bewertend (um es etwas wertfreier auszudrücken) ist erstmal nicht meine Intention gewesen.
Dann passte Deine Wortwahl stellenweise nicht zu deiner Intention.
warum ist es toll, jemandem anderes mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand Schaden zufügen zu können?
Frag das die Evolution, nicht nur die menschliche. Wir tendieren heute in unserer unnachahmlich bescheidenen Art dazu, uns als etwas besseres anzusehen als den Rest der Schöpfung. **** Sapiens Sapiens ... EIN sapiens war uns ja nicht genug. Dabei wage ich persönlich, ja schon das erste sapiens anzuzweifeln. Jedenfalls sehen viele Leute (ich unterscheide zwischen Leuten und Menschen, das erste ist für mich soziologisch dominiert, das zweite biologisch) sich als losgelöst von den Ergebnissen einer jahrmilliardenlangen Evolution an, die ja mit Fug und Recht erst mal auf eine jahrmilliardenlange Erfolgsgeschichte verweisen kann. Etwas, das die Leute erst mal toppen sollten, bevor sie sich für was besseres halten. Und in dieser Evolution hat sich die Fähigkeit, anderen mit was auch immer Schaden zufügen zu können offenbar nicht ohne Grund durchgesetzt. Ich verstehe die Frage, woher dieser Reiz kommt, rein fachlich nicht ganz. Für mich als Biologen stellt sie sich nicht.
Und es geht hier ja viel um Waffen, daher die Probedeutung der "VerHERRlichung", gerade im Zusammenhang mit den Schildmaiden
Nicht nur bei diesem Wortspiel drängt sich mir der Verdacht auf...
Mich stören einfach unzulässige Pauschalisierungen,
... du pauschalisierst doch selber gerne mal, oder? ;)
 
Moralinsauer, also normativ bewertend (um es etwas wertfreier auszudrücken) ist erstmal nicht meine Intention gewesen.
Dann passte Deine Wortwahl stellenweise nicht zu deiner Intention.
Ok... das nehme ich erstmal so hin, hätte da aber gerne ein Beispiel: wo denkst du, dass ich bewerte (wohlgemerkt: in der ersten Frage)?
warum ist es toll, jemandem anderes mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand Schaden zufügen zu können?
Frag das die Evolution, nicht nur die menschliche. ... Ich verstehe die Frage, woher dieser Reiz kommt, rein fachlich nicht ganz. Für mich als Biologen stellt sie sich nicht.
Hmmm... interessant. Dabei begrenzen die meisten Tierarten Schaden, denn er ist ein Nachteil, weil er Energie kostet. Nicht alle Tierarten sid Beschädigungskämpfer, sondern der Kommentkampf ist verbreitet, einfach weil er der Population weniger schadet. Insofern denke ich: doch, die Frage sollte sich auch dem Biologen stellen. Dem Neurobiologen (und Psychiater) stellt sie sich. ;-)
Und es geht hier ja viel um Waffen, daher die Probedeutung der "VerHERRlichung", gerade im Zusammenhang mit den Schildmaiden
Nicht nur bei diesem Wortspiel drängt sich mir der Verdacht auf...
Mich stören einfach unzulässige Pauschalisierungen,
... du pauschalisierst doch selber gerne mal, oder? ;)
Es war ein lustiges Wortspiel und eine etwas provozierende (mit Absicht) Probedeutung. Zu provozierend? Ich hoffe nicht, in dem Fall muss ich mich entschuldigen. //M
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Aber in dem
Wir tendieren heute in unserer unnachahmlich bescheidenen Art dazu, uns als etwas besseres anzusehen als den Rest der Schöpfung. **** Sapiens Sapiens ... EIN sapiens war uns ja nicht genug. Dabei wage ich persönlich, ja schon das erste sapiens anzuzweifeln.
stimme ich dir voll zu. //M
 
Dann will der Biologe mal antworten:
Dabei begrenzen die meisten Tierarten Schaden, denn er ist ein Nachteil, weil er Energie kostet. Nicht alle Tierarten sid Beschädigungskämpfer, sondern der Kommentkampf ist verbreitet, einfach weil er der Population weniger schadet. Insofern denke ich: doch, die Frage sollte sich auch dem Biologen stellen.
Dieses Argument höre ich immer wieder wenn es um das heutzutage modische Dogma geht, die Natur sei so friedlich und rücksichtsvoll und nur wir Menschen wären brutal. Das ist scheint's eins von den Argumenten, die fleißig von Druidenmund zu Druidenohr weitergereicht, aber nie wirklich hinterfragt werden. Punkt Eins: Ja, der Kommentkampf ist im Tierreich weit verbreitet, das ist er übrigens auch beim Menschen. Er ist nichts anderes als ein ritualisierter Kampf, der gewissen Regeln folgt und auf Sieg abziehlt, nicht auf Vernichtung. Das wäre beim etwa Menschen ein klassischer Boxkampf, aber, im übertragenen Sinne, auch ein Fußballspiel. Im Tierreich wird er üblicherweise im Familien- bzw Gruppenverbund eingesetzt, um die Rangordnung festzulegen, aber auch zwischen, meist, aber nicht immer männlichen, Artgenossen, um Reviergrenzen bzw -herrschaft durchzusetzen. Ein schönes Beispiel für Kommentkampf beim Menschen, um Reviergrenzen festzulegen, wären die Tanzkämpfe amerikanischer Straßengangs. Über die Motivation freilich, den Kampf zu reglementieren, lässt sich diskutieren. Die Theorie, das würde die (in diesem Moment gegenerische) Population schonen, ist möglich, aber nicht zwingend. Das setzte auch ein abstrakt - planerisches Denken voraus. In meinen Augen weit wahrscheinlicher ist eine egoistische Motivation: Es geht nicht darum, das leibliche Risiko für den Gegner zu minimieren, sondern eher das eigene. Punkt Zwei: Dass es den Kommentkampf gibt, bedeutet nicht, dass es nur den Kommentkampf gibt. Punk Drei: Wie erpicht Tiere darauf sind, die Population an sich zu schonen, sieht man, wenn man weiß, was Löwen- oder Bärenmännchen mit dem Nachwuchs von Weibchen machen, um die Mutter schnell wieder begattungsbereit zu kriegen. Die Rücksicht auf und die Verbreitung der eigenen Gene steht im Vordergrund, nicht die der Anderen. Das ist auf den ersten Blick in erster Linie eine männliche Motivation, da ein Weibchen das Problem nicht kennt, sie kann nur ihre eigenen Gene weitergeben. Folglich ist dies auch scheinbar eine vorwiegend männliche Form der Gewalt gegen Artgenossen. Viele Feministinnen neigen dazu, dies als Beleg anzusehen, dass Gewalt, auch tödliche, ein rein männliches Phänomen sei, quasi ans y-Chromosom gebunden. Wenn man aber nun Tierarten betrachtet, bei denen die Verbreitung der eigenen Gene im Entscheidungsbereich der Weibchen liegt, muss man feststellen, dass tödliche Gewalt gegen Artgenossen eben kein rein männliches Phänomen ist. Sobald, etwa im Bereich der staatenbildenden Insekten, Weibchen in die Situation kommen, in der bei höheren Tierarten eher die Männchen sind, wird der Artgenossenmord ohne Federlesens von den Damen übernommen. Überhaupt fressen im Tierreich mehr Weibchen ihre Männchen als Männchen ihre Weibchen. Das aber nur nebenbei. Im Bereicht der staatenbildenden Insekten findet man auch Ausrottungskriege gegen konkurrierende Staaten. Reine Frauenarbeit übrigens. Punkt vier: Zwar muss man den Räuber-Beute-Kampf natürlich gesondert betrachten, aber auch hier sieht man, vom Leoparden bis zur Etruskerspitzmaus, dass Tiere in einen Tötungsrausch verfallen können, der über den reinen notwendigen Nahrungsbedarf hinausgeht. Diese Form der tödlichen Gewalt richtet sich aber, richtig, in der Regel nicht gegen Artgenossen - jedenfalls nicht bei den höheren Tierarten. Punkt fünf: Energiebedarf ist nicht das entscheidende Argument gegen die Gefahr Schaden zu erleiden, die Gefahr Schaden zu erleiden ist das entscheidende Argument gegen die Gefahr, Schaden zu erleiden. Ein verletztes Raubtier kann nicht jagen und muss verhungern. Ein verletztes Fluchttier kann nicht fliehen und wird gefressen. Darin eine Rücksicht dem Anderen gegenüber zu sehen ist naiv. Fazit: Zwar ist im Tierreich nicht wirklich eine Lust zu erkennen, Artgenossen zu verletzen oder zu töten, eine Bereitschaft dazu ist aber sehr wohl seit Jahrmillionen, wenn nicht sogar Milliarden, angelegt.
 
Ich finde die Fragestellungen von @vibackup durchaus interessant und habe sie daher mal stichpunktartig für mich zusammengefasst:
  1. Weshalb eine Wikinger-Darstellung?
  2. Weshalb keine Darstellung aus der eigenen Heimat?
  3. Weshalb eine kriegerische Darstellung?
  4. Weshalb keine kriegerische Darstellung aus anderen Bereichen des Mittelalters?
  5. Weshalb so viele uncharakteristisch "kriegerische" weibliche Wikinger-Darstellungen?
Da ich mich erst vor wenigen Tagen ebenfalls für eine Wikinger-Darstellung entschieden habe, kann ich hier ja mal über meine Beweggründe reflektieren. Allem anderen voran gibt es für mich einen sehr speziellen Grund, weshalb ich mich entschieden habe, meine erste(n) Darstellung(en) im wikingerzeitlichen Skandinavien anzusiedeln: Ich bin auf der Suche nach einem Eckchen des Mittelalters, in dem eine biologisch weibliche Transgender-Person (wie ich es bin) in einer männlichen Rolle - und ja, vorzugsweise in der Rolle eines Kriegers oder zumindest einer an Waffen ausgebildeten Person - gelebt haben könnte. (Mir ist bewusst, dass es sich dabei um den Sonderfall eines Sonderfalls handeln würde. Aber die "klassische" Rolle eines an sich selbst, seinen Mitmenschen und dem Leben verzweifelnden Transgender-Menschen hab ich schon mehr als ausreichend in meinem RL erkundet, das muss ich nicht auch noch in meinem Hobby vertiefen.) Mit Blick auf eine derartige Cross-Gender-Rolle erscheint mir der Kulturkreis im frühmittelalterlichen und wikingerzeitlichen Skandinavien vielversprechender (oder besser gesagt 'weniger aussichtslos' ^^ ) als die meisten anderen Bereiche des Mittelalters. Besonders spannend finde ich das literarische Bild der Schildmaiden in den Sagas, welches ich unbedingt näher erforschen möchte. Es geht mir bei meinen Recherchen jedoch nicht darum, auf Biegen und Brechen zu beweisen, dass es "historische" Schildmaiden gegeben hat (was ich schlichtweg nicht weiß), sondern darum, herauszufinden, ob sich belastbare Belege für deren Existenz finden lassen - oder auch nicht. Da diese Fragen für mich noch weitgehend ungeklärt sind, peile ich für den Einstieg in die Kultur der Wikinger nun erstmal die Darstellung eines jungen Mannes an. Mir ist bewusst, dass keine dieser Darstellungsvarianten im engeren Sinne "Living History" sein wird. Für mich persönlich ist die Darstellung jedoch weniger etwas im Sinne einer Vorführung (für die ich bislang ohnehin keine "Bühne" hätte), sondern eher so etwas wie ein Kristallisationspunkt um den herum ich dann meine Recherchen und Sachkultur-Projekte entwickeln möchte. Weshalb muss es denn unbedingt eine kriegerische Darstellung sein? Zum einen war es das Bogenschießen, das meinen derzeitigen (und mittlerweile chronisch gewordenen :D ) "Mittelalterschub" ausgelöst hat und daher auch Teil meiner Darstellung werden soll. Davon abgesehen waren es schon seit meiner Kindheit immer die kriegerischen Aspekte des Mittelalters, die mich am meisten fasziniert haben. Ich wollte niemals 'Prinzessin' sein, immer nur 'Ritter'. :ritter07 Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, das Mittelalter wesentlich differenzierter zu sehen und interessiere mich mittlerweile durchaus auch für dessen wunderbare Vielfalt an nichtkriegerischen Aspekten (z.B. für das Nähen von Gewändern ;) , aber auch für viele andere alte Fertigkeiten und Handwerkskünste). Die Begeisterung für mittelalterliche Waffen und Kampftechniken ist jedoch nach wie vor mein stärkster Antrieb. Darüber wundere ich mich selber immer wieder, denn von meiner Sozialisation und meinen Überzeugungen her bin ich ein zutiefst friedfertiger Mensch und beschäftige mich u.a. damit, wie ein friedliches und wertschätzendes Miteinander gelingen kann. Trotzdem ist die Faszination für alles "Kriegerische" - und auch das Bedürfnis, diese "aggressivere" Seite von mir auszuleben - in mir ungebrochen. Eine kriegerische Mittelalter-Darstellung könnte ein Weg sein, dem auf nicht-destruktive Weise Ausdruck zu verleihen - und die Energie, die in dieser Faszination liegt, sogar für etwas konstruktives einzusetzen. Es würde mich nicht wundern, wenn auch manch anderer "Recke" auf diese Weise Psychohygiene betreibt. ;) Interessant finde ich auch die Frage, weshalb so oft - und auch von mir - keine "heimische" Darstellung gewählt wird. In meinem Fall führe ich das u.a. auf kaum spürbare familiäre Wurzeln und keinen Bezug zu einem bestimmten Ort als "Heimat" zurück, zu dessen Geschichte ich eine stärkere Beziehung hätte. Darüber hinaus ist das Mittelalter für mich auch eher ein "Ort", an den ich mich begebe, um - zeitliche und räumliche - Distanz zu meinem RL zu gewinnen. Allerdings haben die beiden ottonenzeitlichen Romane von Rebecca Gablé mein Interesse geweckt, beizeiten mehr über das Mittelalter im ostfränkischen Reich und im Heiligen Römischen Reich herauszufinden. Neben diesen sehr persönlichen Gründen für eine Wikingerdarstellung sehe ich aber noch ganz praktische: In diesem Bereich gibt es viel Sachliteratur, Forschungsberichte und nicht zuletzt Info-Websites von anderen Wiki-Darstellern, was den Einstieg ins Hobby "Mittelalterdarstellung" deutlich erleichtert (insbesondere wenn man sich solo und nicht innerhalb einer Gruppe auf diese Reise begibt). Ich hatte mich zuvor über mehrere Monate recht intensiv mit dem mittelalterlichen Wales als möglichem Ort für eine Darstellung beschäftigt (wegen der legendären walisischen Bogenschützen). Dies hat sich ungleich schwieriger gestaltet als meine bisherigen Recherchen zu den Wikingern - ganz zu schweigen von meinem - zugegebenermaßen nur sehr kurzen und oberflächlichen - Versuch, etwas über das mittelalterliche Friesland herauszufinden. Ein weiterer Punkt, der den Kulturkreis der Wikinger in meinen Augen sehr attraktiv macht, ist deren großer Mobilitätsradius und die vielen Kontakte zu anderen Kulturen. Das wären schonmal einige der Punkte, die mir zu den Fragen von @vibackup eingefallen sind. PS: Ich habe die Serie "Vikings" übrigens nie angeschaut und zwar aus den gleichen Gründen, aus denen ich auch die allermeisten "Mittelalterfilme" (und "Indianerfilme") nicht genießen kann: schon mein in sporadischen Phasen des Interesses gesammeltes Wissen reicht aus, um nicht übersehen zu können, wie katastrophal unrealistisch diese Filme sind. Mir ist klar, dass es in solchen Produktionen nicht um Authetizität, sondern um Unterhaltung geht, aber ich kann's dann leider trotzdem nicht mehr genießen.
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BTW: In der Neuauflage der Winnetou-Filme von RTL sprechen die Apachen die Sprache der Lakota (derer ich bruchstückhaft mächtig bin) - Aaaaaarrrggghhh!
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Diese Unfähigkeit, über offensichtliche Widersprüchlichkeiten hinwegzusehen, wird mich hoffentlich auch daran hindern, mir eine allzu abstruse Darstellung zurechtzuschustern. :whistling:
 
Dank Fifills Beitrag habe ich den Eindruck, ich durchschaue langsam eines der Details, die viele bei dem Thema "Waffen" und "Kriegerdarstellung" einander missverstehen lässt, möglicherweise auch vibackups Unverständnis meines evolutorischen Verweises: Etwas (im Zweifelsfalle) können zu können heißt nicht, etwas auch tun zu wollen. In der Lage sein, jemanden in einem Kampf verletzen und damit besiegen zu können, heißt nicht, ständig Leute verletzen zu wollen. Die Evolution hat die nach oben gebracht, die in der Lage waren/sind, sich behaupten zu können und eine bewährte Strategie hierfür ist eben, im Zweifelesfalle die besseren Kampffähigkeiten zu besitzen. Warum machen manche Leute Selbstverteidigungskurse oder gar Kampfsport? Um ständig andere Leute zu verprügeln? Oder um sich im Zweifelsfalle wehren zu können? Wer sich im Kampfe übt, sei es mit oder ohne Waffen, ist nicht automatisch aggressiv. Und dieses Bedürfnis, sich wehren zu können im Angesicht einer potentiell auch physisch feindlichen Welt, das steckt eben evolutorisch in uns allen drin. Selbst die, welche direkte, von ihnen selbst ausgehende Gewalt ablehnen (oder das zumindest behaupten), erwarten ganz selbstverständlich, dass andere (Polizei) im Bedarfsfalle diese Gewalt ausüben, um sie zu schützen. Daher diese Faszination an Waffen oder kämpferischen Fähigkeiten, die im einen mehr, im anderen weniger drinsteckt. Das ist nichts, worüber man sich wundern oder wofür man sich gar schämen muss, das ist einfach Natur.
 
warum ist es toll, jemandem anderes mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand Schaden zufügen zu können?
Frag das die Evolution, nicht nur die menschliche. [...] Jedenfalls sehen viele Leute (ich unterscheide zwischen Leuten und Menschen, das erste ist für mich soziologisch dominiert, das zweite biologisch) sich als losgelöst von den Ergebnissen einer jahrmilliardenlangen Evolution an, die ja mit Fug und Recht erst mal auf eine jahrmilliardenlange Erfolgsgeschichte verweisen kann. Etwas, das die Leute erst mal toppen sollten, bevor sie sich für was besseres halten. Und in dieser Evolution hat sich die Fähigkeit, anderen mit was auch immer Schaden zufügen zu können offenbar nicht ohne Grund durchgesetzt. Ich verstehe die Frage, woher dieser Reiz kommt, rein fachlich nicht ganz. Für mich als Biologen stellt sie sich nicht.
Bei diesem Gedankengang fällt mir etwas ein, das ich mal über unsere Verwandschaft zu den beiden uns genetisch am nächsten stehenden Menschenaffenarten gelesen habe: den Schimpansen und den Bonobos. "Bonobos lösen Konflikte durch ***, gerne auch zwischen Frauen. Begegnen sich fremde Bonobogruppen an Reviergrenzen, laufen die Weibchen mitunter auf die andere Seite und reiben mit den fremden Weibchen in Missionarsstellung ihre Genitalien aneinander. Sie kreischen dabei und, so vermuten jedenfalls Menschen, haben Spaß. Die Männer wiederum spielen nach kurzer Zeit mit den Kindern der anderen Gruppe. Es herrscht eine Willkommenskultur. In Bonobogesellschaften haben Frauen das Sagen. Erbeuten Bonobos zusammen etwa eine kleine Waldantilope, sitzen die Frauen in der ersten Reihe und verteilen die Fleischstücke. Auf den Primatenforscher Frans de Waal wirken diese Affen wie Intellektuelle: "Mit ihren schlanken Hälsen und den Fingern eines Klavierspielers scheinen Bonobos nicht in ein Fitnessstudio zu gehören, sondern in eine Bibliothek. Schimpansen dagegen vergleicht Frans de Waal mit Bodybuildern. Sie lösen Konflikte bevorzugt durch Aggression. Schimpansengesellschaften werden von kräftigen Alphamännern regiert. In freier Wildbahn patroullieren Schimpansenmännchen in Gruppen entlang der Reviergrenzen. Sie jagen fremde Schimpansen, verstümmeln oder töten sie, auch die Kinder aus benachbarten Revieren sind vor den Trupps nicht sicher. Sexuelle Nötigung ist bei Schimpansen weitverbreitet, schon die jungen Männer stellen den Frauen nach. Schimpansen können zwar auch kooperieren – in den jüngsten Studien der Max-Planck-Forscher verhielten sie sich fair gegenüber befreundeten Artgenossen. An die Nächstenliebe der Bonobos reichen sie aber nicht heran. Das Rätsel lautet: Wie hat die Evolution aus einem gemeinsamen Vorgänger bloß so unterschiedliche Arten hervorgebracht? Welche Umstände haben Bonobos zu Diplomaten und Schimpansen zu Diktatoren gemacht? Und was heißt das für uns?" Quelle: https://www.zeit.de/zeit-wissen/2016/03/bonobos-schimpansen-stammbaum-verwandtschaft-***-gewalt Schon bei unseren nächsten Verwandten im Tierreich finden sich also durchaus alternative Lösungsansätze zur Konfliktlösung durch Gewalt.
warum ist es toll, jemandem anderes mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand Schaden zufügen zu können?
Bei dieser Frage scheint es mir hilfreich, verschiedene Grade von Gewaltbereitschaft zu unterscheiden:
  1. Die Bereitschaft, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, die für mich selbst keine Bedrohung darstellen
  2. Die Bereitschaft, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, die mich selbst zwar eine potentielle, jedoch keine konkrete Bedrohung darstellen (präventive Gewalt)
  3. Die Bereitschaft, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, die mich (oder eine mir nahestehende Personen) konkret bedrohen (Notwehr)
  4. Die Weigerung, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, selbst wenn diese mich konkret bedrohen
Ich vermute, dass viele Menschen, die Fall 1 ablehnen, in Fall 2 und/oder 3 durchaus gewillt wären, Gewalt einzusetzen und dass eher wenige Menschen sich unter allen Umständen weigern würden. (In mir koexistieren Fall 2, 3 und 4, was gelegentlich zu nicht unerheblichen inneren Konflikten führt. :S )
 
Dann will der Biologe mal antworten:
Dabei begrenzen die meisten Tierarten Schaden, denn er ist ein Nachteil, weil er Energie kostet. Nicht alle Tierarten sid Beschädigungskämpfer, sondern der Kommentkampf ist verbreitet, einfach weil er der Population weniger schadet. Insofern denke ich: doch, die Frage sollte sich auch dem Biologen stellen.
Dieses Argument höre ich immer wieder wenn es um das heutzutage modische Dogma geht, die Natur sei so friedlich und rücksichtsvoll und nur wir Menschen wären brutal. Das ist scheint's eins von den Argumenten, die fleißig von Druidenmund zu Druidenohr weitergereicht, aber nie wirklich hinterfragt werden.
Das ist ein interessantes Mißverständnis. Die Natur ist weder friedlich, noch kriegerisch, sondern ist wie sie ist. Konkurrenz und Kooperation gibt es, und ein Gleichgewicht zwischen beiden. Ich dachte, daß das in der Biologie common sense sei?
Punkt Eins: Ja, der Kommentkampf ist im Tierreich weit verbreitet, das ist er übrigens auch beim Menschen. Er ist nichts anderes als ein ritualisierter Kampf, der gewissen Regeln folgt und auf Sieg abziehlt, nicht auf Vernichtung. Das wäre beim etwa Menschen ein klassischer Boxkampf, aber, im übertragenen Sinne, auch ein Fußballspiel.
Boxkampf ist eher ein Beispiel für einen gemischten Kampf, mit zumindest deutlichen Beschädigungsaspekten. Aber es gibt auch beim Menschen Kommentkämpfe; die meisten anderen Sportarten gehören dazu, und wenn man Kampfsport will: Judo ist ein typisches Exempel.
Im Tierreich wird er üblicherweise im Familien- bzw Gruppenverbund eingesetzt, um die Rangordnung festzulegen, aber auch zwischen, meist, aber nicht immer männlichen, Artgenossen, um Reviergrenzen bzw -herrschaft durchzusetzen. Ein schönes Beispiel für Kommentkampf beim Menschen, um Reviergrenzen festzulegen, wären die Tanzkämpfe amerikanischer Straßengangs. Über die Motivation freilich, den Kampf zu reglementieren, lässt sich diskutieren. Die Theorie, das würde die (in diesem Moment gegenerische) Population schonen, ist möglich, aber nicht zwingend. Das setzte auch ein abstrakt - planerisches Denken voraus. In meinen Augen weit wahrscheinlicher ist eine egoistische Motivation: Es geht nicht darum, das leibliche Risiko für den Gegner zu minimieren, sondern eher das eigene.
Evolution hat wenig mit Motivation des Einzelnen zu tun, jedenfalls nicht als Triebkraft. Evolution, wie sie heute verstanden wird, ist ein Prozeß, bei dem die Individuen und Arten überleben, deren Verhalten ihrer Umgebung am besten angepasst ist. Daß Verhalten aus einer Motivation resultiert ist eine andere Sache. Eine Population, die sich selber durch ständige Beschädigungskämpfe dezimiert, hat einfach ein höheres Risiko, als Population zu verschwinden, wenn es nicht andere Faktoren gibt, die ihr Überleben begünstigen. Das hat mit planerischem Denken wenig zu tun, sondern Arten, die sich der gegebenen Situation nicht angepasst verhalten, werden weniger und verschwinden schließlich. Du kannst Evolution nicht individualistisch sehen sondern als vorwiegend statistischen Prozess betrachten.
Punkt Zwei: Dass es den Kommentkampf gibt, bedeutet nicht, dass es nur den Kommentkampf gibt.
Natürlich nicht. Allerdings sehe ich den Punkt nicht? Warum stellt sich die Frage nach der Lust an Waffen und anderen damit Schaden zuzufügen nicht, weil es Arten gibt, die das in bestimmten Situationen tun?
Punk Drei: Wie erpicht Tiere darauf sind, die Population an sich zu schonen, sieht man, wenn man weiß, was Löwen- oder Bärenmännchen mit dem Nachwuchs von Weibchen machen, um die Mutter schnell wieder begattungsbereit zu kriegen. Die Rücksicht auf und die Verbreitung der eigenen Gene steht im Vordergrund, nicht die der Anderen.
In der Tat ist die Verbreitung eigener Gene ein wichtiger Aspekt. Aber was ich nicht verstehe: Stellst du die These auf, dass das die Motivation hinter der Freude an Waffen hier im Forum ist? Oder was ist der Link zu unserer Diskussion? *kopfkratz* Natürlich gibt es in der Natur Konkurrenz und Kooperation parallel, sowohl in als auch zwischen Individuen, Gruppen gleicher Art, verschiedenen Arten etc, und Konkurrenz wird, je nachdem was am Ende für das Überleben und, wenn man es so betrachten will, das Verbreiten der Gene günstiger ist (oder energetisch, was ja nur eine Art ist, das Ganze aus einer anderen Perspektive zu betrachten) als ritualisierter oder als Beschädigungskampf ausgeführt.
Punkt vier: Zwar muss man den Räuber-Beute-Kampf natürlich gesondert betrachten,
In der Tat, das ist eine ganz andere Geschichte.
aber auch hier sieht man, vom Leoparden bis zur Etruskerspitzmaus, dass Tiere in einen Tötungsrausch verfallen können, der über den reinen notwendigen Nahrungsbedarf hinausgeht. Diese Form der tödlichen Gewalt richtet sich aber, richtig, in der Regel nicht gegen Artgenossen - jedenfalls nicht bei den höheren Tierarten.
Das stimmt, geschieht aber zumindest in den mir bekannten Fällen, wenn die Beutetiere nicht entkommen können, wenn also das im Normalfall sinnvolle Jagdverhalten Amok läuft, weil es ständig neue Stimuli gibt. Gibt es andere Beispiele? Rein aus Neugierde, auch wenn das nichts mit unserer Diskussion zu tun hat.
Punkt fünf: Energiebedarf ist nicht das entscheidende Argument gegen die Gefahr Schaden zu erleiden, die Gefahr Schaden zu erleiden ist das entscheidende Argument gegen die Gefahr, Schaden zu erleiden.
Ich denke, das ist dasselbe, du drückst es nur anders aus, weil du auf das Individuum fokussierst. Und auch da: das Fluchttier bräuchte Energie, um sich zu heilen und zu fliehen, die ihm fehlt, für das Raubtier gilt dasselbe: es kann sich diese Energie nicht besorgen. Hier haben wir schlicht verschiedene Arten, dasselbe auszudrücken.
Zwar ist im Tierreich nicht wirklich eine Lust zu erkennen, Artgenossen zu verletzen oder zu töten, eine Bereitschaft dazu ist aber sehr wohl seit Jahrmillionen, wenn nicht sogar Milliarden, angelegt.
Womit wir wieder bei der Anfangsfrage wären:
Warum ist es toll, jemandem anderes mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand Schaden zufügen zu können?
Oder, um es mit deinen Worten auszudrücken: woher kommt die Lust? Denn wie du selber schreibst: im Tierreich ist sie nicht zu erkennen. Und um die Bereitschaft geht es eben nicht. @Fifill: es ist (jedenfalls für mich) offenkundig, dass du einen Approach hast, der auf die Erkundung und nicht auf "auf-Biegen-und-Brechen-etwas-beweisen-wollen" abzielt. Das hier:
Darüber hinaus ist das Mittelalter für mich auch eher ein "Ort", an den ich mich begebe, um - zeitliche und räumliche - Distanz zu meinem RL zu gewinnen.
Klingt interessant, in Kombination mit dem schon genannten "spielen wollen"; vielleicht sind die "Waffen" hier in diesem Zusammenhang "Spielzeuge" und das MA ein alternativer Raum, in dem man sich in einer anderen, nicht normalerweise ausgelebten Rolle ausprobieren kann? Das hier finde ich enorm spannend:
Bei dieser Frage scheint es mir hilfreich, verschiedene Grade von Gewaltbereitschaft zu unterscheiden: Die Bereitschaft, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, die für mich selbst keine Bedrohung darstellen Die Bereitschaft, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, die mich selbst zwar eine potentielle, jedoch keine konkrete Bedrohung darstellen (präventive Gewalt) Die Bereitschaft, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, die mich (oder eine mir nahestehende Personen) konkret bedrohen (Notwehr) Die Weigerung, gegen andere Menschen Gewalt auszuüben, selbst wenn diese mich konkret bedrohen
Offenbar gibt es beim Menschen alle Niveaus, wenn auch unterschiedlich häufig. Ist das einfach das statistische Rauschen der genetischen Lotterie? Oder haben Verhaltensweisen wie unter 1. eine evolutionäre Funktion? Allerdings sind wir weit weg vom Mittelalter - Mea culpa, mea culpa... //M
 
Nuja, ich hab ihm dann meine Version beschrieben und er war wohl ein wenig enttäuscht, weil seine geliebte raiding party ob mit oder ohne Schildwall keine Chance gehabt hätte. Das allerdings wäre halt nicht schaukampf- und markttauglich gewesen.
Hast du Lust, sie preiszugeben? //M(icke Nyfiken)
 
Dank Fifills Beitrag habe ich den Eindruck, ich durchschaue langsam eines der Details, die viele bei dem Thema "Waffen" und "Kriegerdarstellung" einander missverstehen lässt, möglicherweise auch vibackups Unverständnis meines evolutorischen Verweises: Etwas (im Zweifelsfalle) können zu können heißt nicht, etwas auch tun zu wollen. In der Lage sein, jemanden in einem Kampf verletzen und damit besiegen zu können, heißt nicht, ständig Leute verletzen zu wollen. Die Evolution hat die nach oben gebracht, die in der Lage waren/sind, sich behaupten zu können und eine bewährte Strategie hierfür ist eben, im Zweifelesfalle die besseren Kampffähigkeiten zu besitzen. Warum machen manche Leute Selbstverteidigungskurse oder gar Kampfsport? Um ständig andere Leute zu verprügeln? Oder um sich im Zweifelsfalle wehren zu können? Wer sich im Kampfe übt, sei es mit oder ohne Waffen, ist nicht automatisch aggressiv. Und dieses Bedürfnis, sich wehren zu können im Angesicht einer potentiell auch physisch feindlichen Welt, das steckt eben evolutorisch in uns allen drin. Selbst die, welche direkte, von ihnen selbst ausgehende Gewalt ablehnen (oder das zumindest behaupten), erwarten ganz selbstverständlich, dass andere (Polizei) im Bedarfsfalle diese Gewalt ausüben, um sie zu schützen. Daher diese Faszination an Waffen oder kämpferischen Fähigkeiten, die im einen mehr, im anderen weniger drinsteckt. Das ist nichts, worüber man sich wundern oder wofür man sich gar schämen muss, das ist einfach Natur.
OK. In dem Unterschied zwischen können und wollen sind wir uns zunächst einig, da hat sich die Diskussion ausgeweitet. Was das Schämen betrifft: geschenkt, das ist eine Bewertung, die mich im Rahmen dieser Diskussion nicht interessiert. Ich formuliere es mal um: Deine These ist also, dass die Leute sich hier im Forum mit mittelalterlichen Waffen beschäftigen und die interessant finden, weil Waffen und Stärke ein evolutionär hartkodierter Wert in unseren Gehirnen sind, die die Wahrscheinlichkeit des Überlebens erhöhen? Das ist als Motiv denkbar und in Linie mit Ewalds und Hendriks Beiträgen.. Der alternative Raum (fifill) und das Spielen wollen (Silvia), in dem es eben nicht gefährlich ist, sich mit Waffen zu beschäftigen, weil der Umgang ritualisiert ist, können auch mitspielen, aber diese Hartkodierung mag der basale Grund sein. So wir sind am Ende doch nicht so weit entfernt in unserer Sicht; es war vielleicht nicht so schlau, das in ein provozierendes Wortspiel zu kleiden, das hat es schwerer gemacht, die Diskussion zu führen. Sorry dafür. //M
 
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Ich formuliere es mal um: Deine These ist also, dass die Leute sich hier im Forum mit mittelalterlichen Waffen beschäftigen und die interessant finden, weil Waffen und Stärke ein evolutionär hartkodierter Wert in unseren Gehirnen sind, die die Wahrscheinlichkeit des Überlebens erhöhen? Das ist als Motiv denkbar und in Linie mit Ewalds und Hendriks Beiträgen.. Der alternative Raum (fifill) und das Spielen wollen (Silvia), in dem es eben nicht gefährlich ist, sich mit Waffen zu beschäftigen, weil der Umgang ritualisiert ist, können auch mitspielen, aber diese Hartkodierung mag der basale Grund sein.
Wenn ich über meine eigene Faszination an Waffen und deren Gebrauch reflektiere, kommen glaube ich all diese Ebenen darin vor. Bei der Frage nach der Lust, jemandem (mit Waffen) Schaden zuzufügen, kann ich zunächst einmal sehr klar sagen, dass eine solche nicht meinem Selbstbild entspricht und auch nicht die Motivation für meine Wahl einer kriegerischen Darstellung ist. Das deckt sich auch mit meiner Erfahrung mit "Ego Shooter" Computerspielen, die ich nur dann spielen kann, wenn ich ausblende, dass die Pixelansammlung, auf die ich da gerade ziele, einen Menschen darstellen soll (bzw. mir dessen bewusst bin, dass es ja tatsächlich nur ein Pixelhaufen ist). Dabei wird mir gerade bewusst, dass die Darstellung eines "Vikingrs", der vorzugsweise wehrlose Gegner angreift und ausplündert, tatsächlich nicht mit meinem Selbstbild vereinbar ist. (Ein ähnlicher Gedanke kam mir auch schon vor einer Weile im Bezug auf die Rolle der englischen Bogenschützen auf den Plünderzügen im Hundertjährigen Krieg.) Schon eher ginge so etwas wie ein Begleitschutz für einen reisenden Händler oder einen Krieger im Gefolge eines Jarls, der das Land gegen Plünderer und Feinde verteidigt. Das führt zu einem Punkt, der bei mir glaube ich der zentrale Kern meiner "kriegerischen" Motvation ist: Waffen und die Fähigkeit mit ihnen umgehen zu können erzeugen (auf jeden Fall bei mir) ein Gefühl von Wehrhaftigkeit, im Sinne von "Bedrohungen durch andere Menschen nicht hilflos ausgeliefert zu sein". Dieses Gefühl stärkt zweifelsohne mein Selbstbewusstsein und lässt sich - zumindest teilweise - auch in alltätglichen Situationen aufrechterhalten, in denen eine bewaffnete oder sonstwie gewaltsame Konfliktlösung gar nicht zur Debatte steht. Das führt wiederum zu einem weiteren Aspekt, der mir bedeutsam erscheint: in unserem modernen Alltag geraten wir oft in Situationen, die sich nicht einfach durch "einmal ordentlich auf den Tisch hauen" lösen lassen. Das kann z.B. eine Situation sein, in der wir durch jemand anderen beschämt wurden. Demjenigen eine runterzuhauen ist in unserer heutigen Gesellschaft keine adäquate Reaktion, aber irgendwo müssen wir ja hin mit der Stressreaktion, die unser Körper aus jahrmillionen alter Gewohnheit produziert. Ein Ventil dafür kann Sport sein - oder eben auch "historischer europäischer Kampfsport" ;) . Zuletzt wage ich noch einen Blick auf eine sehr dunkle Seite in mir, die tatsächlich den Wunsch kennt, einem wehrlosen Menschen (zumindest psychischen) Schmerz zuzufügen. (Für das Gehirn ist die Schmerzursache - physisch oder psychisch - weitgehend irrelevant, beide Arten werden in den gleichen Netzwerken verarbeitet. So jedenfalls mein Wissensstand. *Fragender Blick in Richtung des Biologen und des Neurobiologen*) Dahinter steckt die Motivation, einer Person, die mir (psychischen) Schmerz zugefügt hat (oder auf die ich aufgrund ihres Auftretens diese erlittene Schmerzerfahrung projiziere), den gleichen Schmerz zuzufügen - in der vergeblichen Hoffnung, dass derjenige dadurch erkennt, wie sehr er mir wehgetan hat und mir sein Bedauern darüber ausdrückt. Das ist meine Erklärung für das Konzept "Rache", dessen Menschen sich bedienen, wenn sie keinen wirksameren Weg kennen, ihr Bedürfnis nach Mitgefühl zu erfüllen. In den wenigen Fällen, in denen ich es gewagt habe, so einen Rachegedanken konsequent zu Ende zu denken, war ich - inklusive des Anteils, der den Wunsch nach Rache hatte - von dem durch mich ausgelösten (psychischen) Schmerz der anderen Person (wohlgemerkt alles nur in meiner Vorstellung) so betroffen, dass der Wunsch nach Rache danach verschwunden war. (Das ist auch einer der wesentlichen Gründe, mich mit gewaltlosen Konfliktlösungsmethoden zu befassen.) Alles zusammengenommen sehe ich als Grund für die Wahl einer kriegerschen Darstellung (zumindest bei mir) nicht die Lust, anderen Menschen Schmerz oder Schaden zuzufügen, sondern eher den Wunsch nach eigener Wehrhaftigkeit und einer Möglichkeit, angestaute Aggressionen in einer kontrollierten und nicht-destruktiven Weise "spielerisch" auszuleben.
 
[...] Ich dachte, daß das in der Biologie common sense sei?
In der Biologie ja, aber außerhalb offenbar nicht. Deshalb wurmt es mich auch immer wieder, wenn ich den Eindruck habe, dass die Biologie missbraucht wird, um irgendwelche Ideologien zu "belegen". Da pflege ich äußerst dünnhäutig zu reagieren. Die Biologie ist im Prinzip eine wertfreie Abfolge von Aktionen und Reaktionen, wobei effektivere Kombinationen sich stärker verbeiten als weniger effektive und diese eventuell vollständig verdrängen. Das nennt man dann Evolution. An sich ist die Biologie etwas fundamental Objektives, Wertfreies, sie kennt Begriffe wie "Moral" nicht. Heutige, aber auch frühere Moral- oder Sozialmodelle versuchen aber häufig, sich biologischer Erklärungen oder "Beweise" zu bedienen, wobei diese Biologie dann teils hahnebüchen gebeugt wird. Ein Beispiel aus früheren Zeiten sei an dieser Stelle die Unterteilung der Menschheit in Herrenrassen und Untermenschen.
Boxkampf ist eher ein Beispiel für einen gemischten Kampf, mit zumindest deutlichen Beschädigungsaspekten.
Jein. Auch bei typischen Kommentkampfsituationen im Tierreich, etwa Rangordungs- oder Revierkämpfen, gehen die Beteiligten oft blutend und verletzt auseinander. Auch der Kommentkampf nimmt eine Beschädigung von Vornherein in Kauf, er reduziert diese aber möglichst auf ein nicht tödliches oder zumindest nicht dauerhaft schädigendes Level - was aber auch nicht immer gelingt. Es kommen auch beim Kommentkampf ja durchaus potentiell tödliche Werkzeuge wie spitze Hörner oder Zähne zum Einsatz. Ein Beispiel für eine Dominanzbestimmung, wenn man es mal so nennen möchte, die zuverlässig jedwede körperliche Schädigung der Kontrahenten ausschließt, wäre etwa die Balz bei Vögeln.
Natürlich nicht. Allerdings sehe ich den Punkt nicht? Warum stellt sich die Frage nach der Lust an Waffen und anderen damit Schaden zuzufügen nicht, weil es Arten gibt, die das in bestimmten Situationen tun?
Weil es von Deiner Seite her so formuliert war, dass es, so wie es bei mir ankam, den Eindruck erweckte, ein Bedürfnis (ich mag den Begriff "Lust" nicht und möchte ihn auch in diesem Zusammenhang auch nicht weiter verwendet sehen, weil er zwischen den Zeilen unterstellt, dass das Hantieren mit Waffen für diejenigen, die das gerne machen, eine Art perverse Befriedigung darstellt) nach Wehrhaftigkeit wäre etwas Widernatürliches, was durch den Verweis auf tierischen Kommentkampf bekräftigt würde.
In der Tat ist die Verbreitung eigener Gene ein wichtiger Aspekt. Aber was ich nicht verstehe: Stellst du die These auf, dass das die Motivation hinter der Freude an Waffen hier im Forum ist? Oder was ist der Link zu unserer Diskussion? *kopfkratz*
Nein, ich versuchte damit die These zu widerlegen, Tiere hätten ein ernsthaftes Interesse am Wohlergehen anderer Tiere, die nicht unmittelbar zur Familie gehören:
[...] sondern der Kommentkampf ist verbreitet, einfach weil er der Population weniger schadet.
Das war eine These. Warum ich hier ein persönliches Interesse formuliere, während Du nicht ganz zu Unrecht darauf bestehst, dass Evolution nicht auf individuellen Interessen beruhe:
Oder, um es mit deinen Worten auszudrücken: woher kommt die Lust? Denn wie du selber schreibst: im Tierreich ist sie nicht zu erkennen. Und um die Bereitschaft geht es eben nicht.
Das ist ja die Crux. Du stellst die Theorie einer Lust an Waffen und am Kämpfen auf, die ich, siehe weiter oben, teils als provozierend empfinde, teils als völlig unzutreffend, ich jedenfalls konnte in den letzten 20 Jahren bei waffentragenden oder -verwendenden Hobbyisten bisher keine eindeutigen "Lust"äußerungen erkennen. Dem hielt ich mit Verweise auf die Evolution entgegen, dass es eben keine Lust sei (was ich allerdings dummerweise ursprünglich so nicht formuliert habe), sondern ein in uns festgelegtes, über Jahrmillionen erprobtes und erfolgreiches Bedürfnis, dessen wir uns nicht einfach entledigen können. (Ob wir es sollten ist wiederum eine ganz andere Diskussion, die ich an dieser Stelle nicht führen möchte) Es geht eben doch um die Bereitschaft. Du bewegst Dich in Deiner Argumentation zu unscharf zwischen den Polen "Lust (Erregung?), jemandem (tatsächlich) Schaden zuzufügen" und "Bedürfnis jemandem Schaden zufügen zu können", auch wenn Dir das vielleicht selber gar nicht auffällt. Und ersteres kann ich eben beim besten Willen bei der großen Masse der Hobbyisten nicht im Geringsten erkennen.
 
Das stimmt, geschieht aber zumindest in den mir bekannten Fällen, wenn die Beutetiere nicht entkommen können, wenn also das im Normalfall sinnvolle Jagdverhalten Amok läuft, weil es ständig neue Stimuli gibt. Gibt es andere Beispiele? Rein aus Neugierde, auch wenn das nichts mit unserer Diskussion zu tun hat.
Upps, das hatte ich vergessen: Bei Leoparden zum Beispiel hat man in der Natur beobachtet, dass die offenbar mitunter aus reiner Lust töten. Ein Phänomen, dass bei anderen Großkatzen, wie Löwen oder Tigern, kaum bis nicht beobachtet wurde. Wenn man jetzt aber mal vom extremen Begriff "Tötungsrausch" weggeht und hin zu "nicht durch die Notwendigkeit des unmittelbaren Nahrungserwerbs begründeten Töten" dann kennt das jeder Katzen- oder Hundebesitzer. Der Jagd- und damit auch Tötungstrieb ist ständig aktiv.
Nuja, ich hab ihm dann meine Version beschrieben und er war wohl ein wenig enttäuscht, weil seine geliebte raiding party ob mit oder ohne Schildwall keine Chance gehabt hätte. Das allerdings wäre halt nicht schaukampf- und markttauglich gewesen.
Hast du Lust, sie preiszugeben? //M(icke Nyfiken)
Kann ich gerne machen. Zuerst muss man wissen, dass nach den karolingischen Ausrüstungsvorschriften jeder Krieger je nach seinen finanziellen Mitteln seine eigene Ausrüstung vorhalten musste. Die Stufen waren - etwas vereinfacht:
  • Pfeil und Bogen
  • Speer und Schild
  • Pferd
  • Rüstung
Dabei ist wichtig, dass die Ausrüstungsstufen additiv sind, jeder musste über alles bis zu seiner jeweiligen Stufe verfügen. Das wiederum bedeutet: Jeder Reiter, ob schwer oder leicht, hatte automatisch auch Pfeil und Bogen! Zwar fehlten ihm sicherlich die Fähigkeiten eines magyarischen berittenen Bogenschützen, aber vom Rücken eines stehenden Pferdes zu schießen, ist nicht schwer. Und mehr braucht es auch nicht. Ich würde, das war die erste Antwort, die ihn aus der Spur brachte, den Schildwall erst mal gar nicht angreifen. Ich bin erheblich mobiler, als erstes reite ich mal zu den Schiffen der Wikinger an der Küste und vernichte diese. Damit ist ihnen der Rückzug über's Meer abgeschnitten. Erst danach stelle ich den Plündertrupp. Sind sie in Unordung, haben sie gegen einen entschlossenen Reiterangriff kaum eine Chance. Bilden sie aber rechtzeitig ihren geliebten Schildwall, dann umzingele ich den Wall und beschieße ihn stets von der Seit oder von hinten. Um sich dagegen einigermaßen zu schützen, müssten sie eine kreisförmige Schildburg bilden, was aber ihre Beweglichkeit auf Null reduziert. Ich kann sie also nach Herzenslust von allen Seiten beschießen, frontal, aber auch ballistisch von oben. Notfalls warte ich einfach ab. Ich bin außen, ich kann mich versorgen, sie nicht. Sobald sie ihren Schildwall auflösen, haben sie ein Problem. Warten sie ab, kommt irgendwann auch meine Infanterie heran. Spätestens wenn die heran ist, habe ich alle Trümpfe in der Hand. Ich kann nötigenfalls eine regelrechte Belagerung beginnen und, das sollte man nicht vergessen, auch die karolingische Infanterie kann Schildwall. Das konnten nicht nur die Wikis.
 
Danke fifill für deine offene Beschreibung, die ich gut nachvollziehen kann. @Panzerreiter: ich kriege zunehmend den Eindruck, dass wir in unseren Ansichten nicht so weit auseinander liegen, sondern mehr, wohl weil wir auf bestimmte Stimuli dünnhäutig reagieren, aneinander vorbei reden. Wo wir wohl uneins sind: ich sehe in der Beschäftigung mit Waffen eine Lust, und auch in dem Erleben der eigenen Stärke, ja sogar in Bereichen, die nichts mit Waffen oder Gewalt zu tun haben, also wenn ich bestimmte Dinge schaffe. Allerdings sehe ich auch den spielerischen Charakter, in dem aktuellen Zusammenhang, der eben die Verletzung ausschliesst oder zumindest sehr unwahrscheinlich macht. Und noch etwas: ich bin seit eingen Jahren (Lang-)Bogenschütze, und doch, ich halte es für schwer, von einem stehenden Pferd zu schiessen. Ich halte es sogar für schwer, im Stehen zu schiessen, und wenn ich nicht mindestens zwei- bis dreimal pro Woche trainiere, geht meine Trefferquote dramatisch runter. Das Gleiche gilt, wenn ich mich nicht konzentriere. Das erstere Problem haben die vollautomatisierten Recurveschützen nicht so sehr, vor allem nicht, wenn sie im normalen Bereich der aktuellen Zuggewichte schiessen (die oft bei 30-40 lbs liegen). Aber das war, auch wenn ich nicht an Warbows über 100lbs als Standard glaube, wohl nicht die historische Situation (und ist auch nicht meine). Was deine Beschreibung betrifft: ich bin froh, dir nicht in der Schlacht zu begegnen. Nach dem was du beschreibst wäre ich da ziemlich angepisst. Und werde in Zukunft sehen, dass ich meine Drachenschiffe draussen ausserhalb deiner Reichweite halte und die direkte Konfrontation mit dir vermeide... ;-) Im Ernst: Danke für die interessante Beschreibung. //M
 
@Panzerreiter: ich kriege zunehmend den Eindruck, dass wir in unseren Ansichten nicht so weit auseinander liegen, sondern mehr, wohl weil wir auf bestimmte Stimuli dünnhäutig reagieren, aneinander vorbei reden.
Das sehe ich im Grunde auch so. Ich habe, ähnlich wie Fifill, da auch meine privaten Details, die mich eben insbesondere dann sehr dünnhäutig machen, wenn biologisches "das ist halt nun mal so"-Denken auf soziologisches "das gefällt uns aber nicht und deshalb diskriminieren wir das"-Denken prallt.
Wo wir wohl uneins sind: ich sehe in der Beschäftigung mit Waffen eine Lust, und auch in dem Erleben der eigenen Stärke, ja sogar in Bereichen, die nichts mit Waffen oder Gewalt zu tun haben, also wenn ich bestimmte Dinge schaffe.
Jein. So uneins sind wir auch hier nicht, es geht nur auch hier wieder um Begrifflichkeiten, die für uns unterschiedlich konnotiert sind. Auch was den Begriff der "Lust" angeht, liegen wir, um die Wahrheit zu sagen, nicht so weit auseinander, außer, dass ich beim Begriff "Lust", eben immer unterschwellig etwas Abwertendes raushöre. Außer beim Gespräch mit Biologen, wo ich mir sicher bin, dass er ausreichend differenziert verwendet wird. Wenn die Natur ein Verhalten erzwingen oder fördern will, dann schafft sie dafür ein Befriedigungsgefühl, das man ja durchaus als "Lust" bezeichnen kann. Das Stillen von Hunger oder Durst ist genauso ein "Lustgefühl" wie der Jagdtrieb bei den erwähnten Tieren, weil er sie in Übung hält, auch wenn es nicht unmittelbar um akuten Nahrungsbedarf geht. Dasselbe gilt für die Fortpflanzung (gäbe es nur das Gefühl der Last der Schwangerschaft, der Schmerzen bei der Geburt und des genervten 24Stunden verfügbar Seins bis die Bamsen endlich außer Haus sind, wäre die Menschheit wegen Fortfplanzungsverweigerung der Weibchen schon lange ausgestorben), aber eben durchaus auch für die Notwendigkeit, sich (kampftechnisch) fit zu halten. So gesehen kann ich schon auch von "Lust" am Kriegerischen sprechen - wenn ich sicher bin, dass der Begriff "Lust" eben verantwortungsbewusst benutzt wird. Was er in Film, Funk, Fernsehen und der alltäglichen gesellschaftlichen Diskussion leider meist nicht wird. Ach ja: Das geht schon. Die Karolinger kannten nicht nur klassische Langbögen, auch wenn das vielleicht nicht dem Klischee entspricht. Im Utrechter Psalter etwa sind nur und eindeutig Recurves abgebildet.
 

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