@Panzerreiter,
@vibackup &
@Fifill - Es ist wirklich ein Hochgenuss, Eurem Gedankenaustausch hier zu folgen. Gerade die feinen Details der Auslegung und das sehr spezielle Fachwissen regen stark zum Nachdenken und auch zur Selbstreflektion an.
@vibackup: Deine Frage "
warum ist es toll, jemandem anderes mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand Schaden zufügen zu können?" impliziert eine gewisse Grundannahme, die möglicherweise nur auf wenige Hobbyisten hier zutreffen mag. Warum finden beispielsweise Rollenspiele am Computer seit jeher so regen Zulauf? Weil der Spieler sich dort in die Rolle eines Charakters begeben kann, die in aller Regel von dessen realem Leben völlig abweicht. Im Spiel kann er/sie/es der große, starke Held sein, während der reale Job, Alltag, Familienleben möglicherweise trist und öde sind. Zudem werden in den meisten dieser Spiele Verhaltensmuster nicht nur erlaubt, sondern gefördert und belohnt, die im realen Leben völlig verpönt sind. Das Töten von Kreaturen jeder Art ist im Spiel nicht nur folgen- bzw. straflos möglich, sondern gewährt im Gegenteil sogar noch Ruhm und Erfolg, oder ist für das Spielziel sogar zwingend erforderlich. Im Spiel lässt sich all das ausleben, was im realen Leben gesellschaftlich eher wenig anerkannt ist. Dem dauernervigen Nachbarn einfach mal eins auf die Kauleiste hauen? Dem bösen Chef mal den Porsche zerkratzen? Irgendeinem Kernassi die Nase brechen? Ganz ehrlich - solche Phantasien hatte vermutlich jeder von uns schon einmal. Kann man meist aus den verschiedensten Gründen allerdings nicht in die Tat umsetzen. Da ist die Phantasiewelt ein ideales Ventil, um genau das eben doch tun zu können. Ein weiterer Aspekt ist der stetige Wettstreit, schneller, besser, stärker als andere sein zu wollen. Das sieht man bereits bei Tierkindern (der Biologe mag mir bitte meine sehr platte Verallgemeinerung nachsehen), die spielerisch ihre Stärken erkunden und versuchen, ihre Geschwister zu besiegen. Bei uns Menschen wird dieser Wettkampf schon seit frühester Kindheit gefördert, und findet sich überall im gesamten Leben ebenfalls. Nur ist der Wettkampf nicht mehr rein auf Stärke, Schnelligkeit und Intelligenz beschränkt, sondern lässt sich mit diversen 'Hilfsmitteln' beliebig ergänzen oder sogar ersetzen. Im Kindergarten wird noch einfach gerangelt. Der Stärkste gewinnt. In der Schule 'gewinnt' dann der mit den coolsten Klamotten und Gadgets innerhalb der sozialen Hierarchie, auch wenn er strunzdumm ist. Im Erwachsenenalter kann mit den richtigen Ersatz-Hilfsmitteln selbst ein völlig verblödeter ***** Präsident einer Atommacht werden. Nun der Bogen zurück zu den 'Waffen'. Auch Waffen sind nur Hilfsmittel bzw. Ersatz für andere Defizite. Es gewinnt nicht mehr der körperlich stärkste und schnellste, sondern der mit dem besten Hilfsmittel. Es ist also ein völlig natürliches Bestreben des Einzelnen, seine persönliche (Kampf-) Kraft durch eine möglichst gute Waffe zu erhöhen. Das erklärt auch, warum bei den heutigen Darstellern die Schaukämpfe mit einem Knüppel nur in homöopathischen Dosen zu sehen sind, Schwertkämpfer hingegen überaus inflationär. Allerdings - und hier kommt mein Widerspruch zu Deiner These - geht es den meisten keineswegs darum, Ihrem Gegenüber ernsthaften Schaden zufügen zu wollen. Es ist lediglich der spielerische Wettstreit (meist nach festen Regeln, die besonders den Schaden des Gegenübers mindern oder ganz vermeiden sollen), in einer bestimmten Disziplin der beste zu sein. Die Waffe ist dabei nur zum Teil Mittel zum Zweck, diesen Wettstreit zu den eigenen Gunsten zu führen. Ein ganz anderer Punkt ist das klassische 'Männchen' - Gehabe, was sich auch wieder der Tierwelt findet. Wer hat denn die fetteste Mähne? Löwenmännchen oder das Weibchen? Oder die buntesten Schwanzfedern? Pfauenmännchen oder Weibchen? Viele menschliche Männchen putzen sich halt gerne mit Rolex am Arm, Porsche in der Garage, dickem Konto, Macht und Einfluss heraus. Ist halt so. Wer es zur Kompensation von irgendwas anderem braucht - bitte schön. Und machen wir uns mal nichts vor - 'Ritter in glänzender Rüstung und funkelndem (großen) High-End-Schwert' macht irgendwie mehr her als 'Neandertaler-Darsteller mit Lendenschurz und Hokzkeule' ;-) Langer Rede kurzer Sinn: Die Darstellung als alternative Realität mit 'erweiterten' Möglichkeiten zu den Beschränkungen des Alltags, teilweise zum Kompensieren heutzutage nicht mehr gesellschaftsfähiger Verhaltensmuster auf spielerischer (und regulierter) Ebene, aber ohne böswillige Absicht.