Deine Fragen zu beantworten scheitert daran, dass es dazu eine Basisfrage gibt, zu der zumindest mir gerade nichts einfällt: Was wissen wir über heute als "Wappenrock" bezeichnete Kleidungsstücke im 13. Jh., das über seine ab etwa 1250 Existenz hinaus geht? Weiteres siehe Amici. Deswegen bringe ich auch ganz ungeniert ein paar weitere Punkte - Achtung es folgt viel Text: Zum Thema Kleidung künstlich altern: Ich finde es sehr cool, aber... Ich habe im Liverollenspiel selbst ein paar Erfahrungen auf dem Gebiet machen können und kann Dir sagen, dass es schwerer ist, als man glaubt. Damit ein guter mittlerer Wollstoff fadenscheinig wird, muss man sich schon mit der Drahtbürste ziemlich abrackern (für "möttenmäßige Abnutzungslöcher" empfehle ich eine Sandsteinkugel aus dem 18. Jh. auf die man den Stoff legt und dann mit einem Faustgroßen groben Sandsteinbrocken drüberreibt/draufschlägt). Damit es glaubhaft aussieht sollte man dabei immer wieder kontrollieren, ob man auch an Stellen ist, wo es glaubhafte Abnutzungserscheinungen gäbe und schöne Übergänge hinkriegen. Mit dem Waschbrett arbeitest Du dich wahrscheinlich kaputt, beziehungsweise erzielst kein sichtbares Ergebnis. Wenn Nähte reißen, oder kleine Risse drin sind, dann kann man dass durch nachnähen, bzw. stopfen fast unsichtbar flicken - dafür brauchst man aber eine gewisse Übung. Richtige Flicken sollten aus einem dem Grundstoff sehr ähnlichen Stoff gemacht werden und sehr sehr fein von Hand aufgenäht werden (vgl. Tunika von St. Franziskus), damit es nicht nach Fasching aussieht. Und sie sind sehr wahrscheinlich nur auf durch Abnutzung fadenscheinig gewordenen Stellen zu finden. Gute Wolle (und was anderes würde ich für einen Waffenrock nicht verwenden) reißt nicht einfach so, da gibt eher die Naht nach. Größere Schäden, wie durch Waffeneinwirkung können mit Flicken bedeckt werden, aber: Wenn es soweit ist, dass dein Wappenrock einen Hieb bekommen hat, dann folgen sehr wahrscheinlich bald mehrere Hiebe, reichlich Blutflecken und andere Neuanschaffungen werden nötig (Helm, Lanze, Schild, Rüstung ausbessern, neues Pferd). Krieg ist teuer: Wenn es soweit ist, dann kommt es danach auf die Kosten für einen neuen Wappenrock wohl auch nicht mehr an. Für natürliche Flecken müsstest Du die Flecken erst machen und dann mühevoll wieder ausbürsten und auswaschen, bis sie zu Schatten werden (denn ein Bach, ein Stein, ein Holzprügel und eine Bürste sind fast immer zur Hand). Wenn Schlamm/Dreck usw. als "Dauerhafte Nachschlachtwirkung" sich nicht einfach abreiben sollen, müsstest Du sie mit modernen Mitteln mühsam mischen und aufbringen. Braune Schuhcreme (gibt mit etwas Übung recht gute "Altblutflecken", Lederfett und verschiedene Mischungen mit braun-schwarzer wären meine Mittel der Wahl. Besonders schön ist es, wenn Verzierungen/Stickereien fadenscheinig werden oder abgehen - aber dafür müssen diese erstmal aufgebracht werden. Und wenn dabei gemogelt wird, sieht man es umso mehr im abgenutzten Zustand. Das gilt übrigens generell beim Altern und Abnutzen von Kleidung. Damit ein Kleidungsstück gealtert gut aussieht und funktioniert, muss es vorher besonders sorgfältig hergestellt werden. Beispiele aus dem Larp: Ein sehr genialer
Bettler/Tagelöhner, der es geschafft hat durch eine speckig/dreckige Patina auf der Kleidung, die auf dem Foto kaum rüberkommt, und dezente Flicken/zusammengestöpselte Kleidung sehr echt zu wirken. Ein
Leprakranker, bei dem mit Ausfransen mMn übertrieben wurde. Die Kleidung einer
untoten Spießmagd, in die viel Arbeit für glaubwürdige Abnutzung geflossen ist, die man aber letztendlich kaum sieht (in Vergrößerung erkennt man die Flecken, Flicken und Fransen). Und mein letzter Versuch für einen
untoten Spießer/Trommler, bei dem ich für die Show auf Glaubwürdigkeit gepfiffen und ziemlich wild gerissen, geprügelt und geraspelt habe. Glaubwürdige Abnutzung ist sehr dezent, aber nicht weniger aufwendig als brachiale Abnutzung. In jedem Fall sind diese Techniken eine Kunst, die man üben sollte, bevor man sie an der Hauptklamotte anwendet. Es ist anstrengend und zeitaufwendig. Außerdem können alle diese Techniken auch nach hinten losgehen und mehr liefern als man wollte. Ich fände eine solcherart bearbeitete gute Garnitur göttlich, aber es ist ein gutes Stück Arbeit, wenn es richtig gemacht werden soll.
Deswegen würde ich mir über Abnutzung und Dreck erst dann Gedanken machen, wenn eine ansonsten vollständige und gut gemachte Garnitur tatsächlich vorhanden ist. - Und dann gut überlegen, ob es mir die Mühe wert ist. Und zum Thema "Rumlaufen wie frisch aus der Schlacht": Das Lorb hat ja schon den Willehalm genannt. Hier provoziert der Held einen Affront, weil er sich weigert seine Rüstung auszuziehen und die Kleider zu wechseln, als er nach verlorener Schlacht den König um Hilfe bitten will. Nur nach viel Vermittlungsarbeit wäscht er sich wenigstens Hände und Gesicht, damit er überhaupt in ein Gebäude gelassen wird. Es wird klar, dass es für die Zielgruppe des Romans eine unglaubliche Ungehörigkeit gewesen sein muss, wenn man länger als unbedingt nötig in "gebrauchtem Schlachtzeug" abzuhängen.