Artikel: Authentizität und der ewige Streit darum.

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.
Zwischen Living History und Gromi, Rotschopf, gibt es noch viel. Nach Deiner Definition ist LH offenbar das komplette, ganzheitliche Nachleben der mittelalterlichen Wirklichkeit so nah an der historischen Wahrheit wie möglich, in allen Aspekten und Belangen des Lebens, wenn auch natürlich nur für kurze Perioden. Also ein, soweit möglich, komplettes Abtauchen in das Leben der Altvorderen. Das ist für den Begriff LH eine sehr schöne Defintiton, wie ja auch im "living" schon drinsteckt. Gefällt mir. Aber "Nicht-LH" ist noch lange nicht Gromi. LH mache ich nicht und Grimmbold auch nicht. Machen viele Leute nicht, die höchstauthentische Handwerke ausüben, Repliken anfertigen, die eines Museums würdig sind, die archäologische Theorien experimentell überpfüfen. Das machen auch ein Embleton und ein Junkelmann nicht. Sind die also alle Gromis? Übrigens: Warum stehen auf den gängigen Bullshit-Listen eigentlich immer nur die Sprüche der Gegenfraktion? Es bringen nämlich durchaus beide Seiten jede Menge Bullshit. Einseitiges Bullshitbingo eskaliert die Entfremdung zwischen den Fraktionen bloß. Ein bisschen mehr Selbstkritikfähigkeit wäre Grundvoraussetzung für die erträumte Akzeptanz. Irgendwie sollen aber dann doch immer "die anderen" anfangen mit der Akzeptanz, der Toleranz und der Selbstkritik...
Du hast mich glaubich nicht verstanden, ich gebe LH eben nicht die Definition, dass ich alles hundertpro mache, ich gebe ihr einen Maßstab, der die innere Intention des Hobbyisten inkludiert. Das Wollen, das ärgern wenns nicht geht und das Einsehen ist das, was die LH ausmacht im Gegenteil zum GroMi. Experimentelle Archäologie und Archäotechnik sind dagegen komplett ab vom Schuss, die muss man hier nicht diskutieren, das sind schon akademisch angehauchte Disziplinen, die in den meisten Fällen nicht von Hobbyisten ausgeführt werden sondern von Professionellen. Und historisches Handwerk kann auch für sich stehen, das erhebt in keinem Fall den Anspruch, dass der Handwerker irgendwas nacherlebt oder sich hineinversetzt. Hier handelt es sich rein um Kunsthandwerk. Und es steht jedem frei, ein A-Papst-Bingo zu erstellen :)
Das find ich jetzt ein bißchen hart. Wenn jemand zwei, drei Jahrzehnte lang sein historisches Handwerk von der Pike auf gelernt hat, nebenbei als Hobby wohlgemerkt, eine exellente Darstellung aufgebaut hat, Material für Museen für Restaurationszwecke liefert, viel Geld in Werkzeuge und Materialien gesteckt hat, viele Stunden mit seinem Handwerk zubringt, ect.; willst Du diesen Menschen wirklich als Gromi bezeichnen, nur weil er keine Lust und Zeit zum Nähen hat, seine Kleidung chemisch gefärbt und teilmaschinengenäht gekauft hat?
Was macht man in dem Hobby, wenn man nix mehr hat, woran man arbeiten kann?
 
Ich meinte die richtige Originale, also die Bodenfunde. Die darf man nicht einfach so behalten. und, zumindest, de jure, nicht kaufen und verkaufen. Und auch der "little Rhoode" Grimmbold schummelt einwenig, weil er kein richtiges FN FAl hat, sondern nur ein demilitarisiertes oder eine Airsoft. ja, 100% "A" ist nicht erreichbar, aber das ist kein Grund sich zurückzulehnen und auf dem Steckstuhl sitzend "Odin-trunk" aus dem Trinkhorn zu saufen.
 
:eek:ff1Weist Du ob ich eine WBK habe? Übrigenss wäre es kein FAL sondern ein L1A1, ohne Selector. Demilitarisiert oder nicht, es wäre ein Original:eek:ff1
 
Um noch mal zu korrigieren was ich sagte "warum ist man in dem hobby, wenn man nix mehr hat, woran man arbeiten kann." das mein ich ernst im sinne von da würde mir das hobby null spaß mehr machen. für mich liegt der kern am hobby irgendwie auch am dran arbeiten, nur in superaufwändiger klamotte am lagerfeuer sitzen und nix neues lernen und erforschen, da würd ich aufhörn. solche leut kann ich nicht wirklich verstehn. aber ich kenn auch unter älteren und wirklich guten leuten keine solchen.
 
Empirische Überprüfung: Du meinst, für Dich ist der Weg das Ziel, als Anziehpuppe nur rumsitzen ist nicht deines?
 
"der weg ist das ziel" ja, ich dachte, das hätte ich auch in den vorhergehenden posts schon so gesagt :) ständige entwicklung, ständiges lernen, ständiges streben, ständiges verbessern.
 
So hatte ich es auch verstanden und so sehe ich es auch.
 
Ich habe viele der typischen Beißreflexe unterdrückt (Dank sei der Hüls'schen Forenschule!), aber nun einen recht interessanten Gedanken gehabt - um nicht zu sagen: Die Lösung Das Problem ist nicht "Authentizität", das Problem ist "Mittelalter"! Legen wir das böse A-Wort mal beiseite. Das wirklich gefährliche Wort ist "Mittelalter", sowie natürlich "mittelalterlich". Was nicht der Rekonstruktion und Nachstellung dient (und der Weiterentwicklung derselben in der Diskussion), ist doch in den meisten Fällen eher dem verpflichtet was Andreas Sturm "Pastness" nennt: Dem vagen Gefühl einer Altertümlichkeit, die dem eigenen Wohlgefühl entspricht. Das grundlegende Missverständnis ist doch oft genug, dass eine Mittelalterlichkeit des eigenen Zeitvertreibs postuliert wird, die kritische Denker herausfordern muss. "Mittelalter/mittelalterlich" hat sich von einer Bezeichnung für eine (mehr oder weniger genau) definierte Epoche zur Umschreibung eines Hobbies, einer Musikrichtung, eines Lebensstils gewandelt. So kommen wir nicht weiter. Deshalb verbiete ich ab sofort jede Verwendung der Wortfamilie "Mittelalter" außerhalb des streng historischen Kotextes. Und die ganze unsägliche "Mittelalterszene" mit Päpsten, Darsteller, Händlern, Musikern und Fuzzies dazu. Ich verbiete es! Legt eure Schwerter nieder! Verbrennt die Gewandung! Schließt das Forum! Amici, Panzerreiter, jetzt wo wir dann Zeit haben: Lust auf ein Bier?
 
Du hast mich glaubich nicht verstanden, ich gebe LH eben nicht die Definition, dass ich alles hundertpro mache,
Das habe ich ja auch nicht gesagt, in meinem Post steht zwei mal bewusst drin "soweit möglich" / "so nah wie möglich". Du gibst der LH übrigens nicht einen Maßstab, Du gibst ihr Deinen Maßstab. Das ist für Dich selbst auch völlig legitim und wenn Du Deine hohen Ansprüche selbst mit großem Eifer, Ernsthaftigkeit und fachlicher Selbstkritik zu erfüllen suchst, dann adelt Dich das. Aber ich habe hin und wieder den Eindruck, dass Du diesen Maßstab eben auch auf andere ausdehnst. Das ist ein wenig egozentrisch, denn Dein Anspruch an dich selbst ist so hoch, aber in dem was Du tust eben auch sehr speziell (Du schreibst selbst explizit
Ich möchte in allen Dingen, die ich bei diesem Hobby tue an die historische Realität herankommen. [...]
), dass wohl die meisten Hobbyisten Deine Definition von LH so, wie Du sie zuerst formuliert hast, nicht teilen und sie auch recht schwer vermittelbar sein dürfte. Du magst also vielleicht eine besondere Motivation oder Intensität haben, wie Du die LH auslebst und umsetzt, aber sobald Du anfängst, Deinen individuellen Standard als allgemeinen Standard zu propagieren, andere als Gromi zu titulieren, als LH nicht ernst zu nehmen, nur weil sie nicht Deine Vorstellung teilen, stößt Du viele Leute vor den Kopf und darfst Dich nicht wundern, wenn Du Gegenwind bekommst. Dein Definitionsansatz, so wie ich ihn jetzt zu verstehen glaube, ist interessant, indem Du von messbaren Faktoren abrückst und eher eine innere Einstellung in den Vordergrund rückst. Ein interessanter neuer Aspekt, der mich reizt, wohl auch, weil ich unterbewusst in eine ähnliche Richtung tendiere. In meinem Beruf habe ich eine ganz ähnliche, um nicht zu sagen nahezu identische Meinung: Was einen Schüler zu einem guten Schüler macht, ist nicht das Auswendiglernen von Fakten, nicht eine bestimmte Stundenzahl, die er täglich lernt, sondern eine ganz bestimmte Geisteshaltung, eine Motivation, ein Verstehen- und Hinterfragenwollen. Nachdem Dich in Deinem Hobby offenbar das Lernenwollen, das Erlebenwollen und das Verstehenwollen motiviert, ist das für Dich der Kern Deines Hobbys. Und damit ist Deine Definition für Dich auch sehr zutreffend und ich kann sie begreifen und akzeptieren. Aber eben für Dich. Für mich zum Beispiel steht weniger das Lernen im Vordergrund, als vielmehr das Lehren. Dass man nur Dinge lehren kann, die man selber gelernt hat, ist natürlich klar, aber der Fokus ist ein anderer. Ich lerne, um zu lehren, Du lernst, um zu wissen, etwas vereinfacht ausgedrückt. (Auch ich lerne natürlich viele Dinge, weil sie mich interessieren, nicht weil ich sie lehren will) Aber damit schaue ich eben auch auf Aspekte in einer Darstellung, die für Dich und viele andere ziemlich bis völlig nebensächlich sind. Was für Dich toll sein kann, kann für mich mittelmäßig bis schlecht sein und vice versa, weil wir auf unterschiedliche "Qualitätsmerkmale" schauen. Aber eben diese unterschiedlichen Motivationen, Einstellungen und Herangehensweisen zu erkennen und zu verstehen, das ist notwendig, um die gewünschte gegenseitige Akzeptanz zu erreichen. Dazu braucht man Austausch. Nicht Abgrenzung nach dem Motto "LH ist das was ich mache, Gromi ist das, was die anderen machen." @ Heidensohn: Die erste Runde geht auf mich! prost1
 
Ich hab gerade eine Menge Spaß, mich durch die Kommentare durchzuarbeiten. :groehl Ist das noch ein Hobby oder schon eine Staatsreligion...? ^^ Das Einzige, das ICH nicht toleriere, ist Intoleranz. Ob das jetzt ein "böser A-Papst" ist, der mich wegen meines Baumwollgarns anmault, oder eine Ledermieder-Gothic-Tussi, die sich lauthals als "Mittelalterfrau" ausgibt. Ist beides Kacke und sollte beides schön übergangen werden. :thumbup: .
 
Was macht man in dem Hobby, wenn man nix mehr hat, woran man arbeiten kann?
Sein Handwerk weiter verfeinern, artverwande Handwerke ausprobieren, eine Zweitdarstellung aufbauen, Material anfertigen etc., da gibt es neben dem Nähen von Kleidung noch soviele Möglichkeiten, sich auszutoben :D . Im übrigen, wenn ich zum Beispiel ein Messer haben möchte, kaufe ich mir das auch und fange nicht das schmieden an, dass hätte ich als Seidenspinnerin, Bäuerin oder Handwerkersgattin im Mittelalter nämlich genauso getan und verhalte mich damit also historisch korrekt, genauso wie besagter Handwerker, der auch im Mittelalter seine Kleidung garantiert gekauft hätte. Man muss nicht alles selber machen, genauso wenig, wie man das damals getan hat, ich glaube kaum, dass der Blidenbauer sich auch sein Falchion selber geschmiedet hat, der Wandschneider sich seine Truhen selber gezimmert, die Seidenmacherin sich ihren Webstuhl selbst gebaut hat, der Ritter sich seine Kleidung selber genäht hat etc.
 
Im übrigen, wenn ich zum Beispiel ein Messer haben möchte, kaufe ich mir das auch und fange nicht das schmieden an, dass hätte ich als Seidenspinnerin, Bäuerin oder Handwerkersgattin im Mittelalter nämlich genauso getan und verhalte mich damit also historisch korrekt, genauso wie besagter Handwerker, der auch im Mittelalter seine Kleidung garantiert gekauft hätte. Man muss nicht alles selber machen, genauso wenig, wie man das damals getan hat,
... man kann sich ausprobieren... aber die handwerkliche Klasse erreicht man mit einer ausreichend langen Lehrzeit (damals und heute). Insofern... @Martina: :thumbsup:
 
Das Einzige, das ICH nicht toleriere, ist Intoleranz. Ob das jetzt ein "böser A-Papst" ist, der mich wegen meines Baumwollgarns anmault, oder eine Ledermieder-Gothic-Tussi, die sich lauthals als "Mittelalterfrau" ausgibt. Ist beides Kacke und sollte beides schön übergangen werden. :thumbup:
Da bin voll bei Dir :thumbsup:
 
Was macht man in dem Hobby, wenn man nix mehr hat, woran man arbeiten kann?
Sein Handwerk weiter verfeinern, artverwande Handwerke ausprobieren, eine Zweitdarstellung aufbauen, Material anfertigen etc., da gibt es neben dem Nähen von Kleidung noch soviele Möglichkeiten, sich auszutoben :D . Im übrigen, wenn ich zum Beispiel ein Messer haben möchte, kaufe ich mir das auch und fange nicht das schmieden an, dass hätte ich als Seidenspinnerin, Bäuerin oder Handwerkersgattin im Mittelalter nämlich genauso getan und verhalte mich damit also historisch korrekt, genauso wie besagter Handwerker, der auch im Mittelalter seine Kleidung garantiert gekauft hätte. Man muss nicht alles selber machen, genauso wenig, wie man das damals getan hat, ich glaube kaum, dass der Blidenbauer sich auch sein Falchion selber geschmiedet hat, der Wandschneider sich seine Truhen selber gezimmert, die Seidenmacherin sich ihren Webstuhl selbst gebaut hat, der Ritter sich seine Kleidung selber genäht hat etc.
Aber das entspricht doch dann genau wieder meiner Definition von Weiterentwicklung und Streben nach dem Besseren und neuen Erkenntnissen, findest du nicht? Dass man alles selbst machen muss, hab ich übrigens nicht gesagt.
 
Für mich zum Beispiel steht weniger das Lernen im Vordergrund, als vielmehr das Lehren. Dass man nur Dinge lehren kann, die man selber gelernt hat, ist natürlich klar, aber der Fokus ist ein anderer. Ich lerne, um zu lehren, Du lernst, um zu wissen, etwas vereinfacht ausgedrückt. (Auch ich lerne natürlich viele Dinge, weil sie mich interessieren, nicht weil ich sie lehren will) Aber damit schaue ich eben auch auf Aspekte in einer Darstellung, die für Dich und viele andere ziemlich bis völlig nebensächlich sind.
In der Tat höre ich öfter, dass für viele LH-Darsteller im Mittelpunkt steht, anderen zu vermitteln. Und auch für mich ist das nicht ganz unwahr, die Präsentation und das Rankommen ans Publikum ist auch ein wichtiger Teil meines Hobbies (wenn auch der Hauptfokus immer auf mir selbst liegt und dem, was ich wissen und erfahren will). Aber ich würde jetzt mal vermuten, dass du nicht um des Vermittelns willen vermittelst, sondern deswegen, weil du dich für das Thema begeistern kannst und das anderen weitergeben willst. Dass es Begeisterung ist, die du weitergibst und nicht nur Fachwissen. Ich glaube nicht, dass du da raus gehen würdest und anderen davon erzählen würdest, wenn da nicht ein sehr großer Teil an eigenem Interesse an der Zeit dran ist. Der Unterschied zwischen uns ist lediglich der, was wir anschließend mit unserem Wissen/unseren Rekonstruktionen/unserem Equipment machen. Ich nutze es, weil ich denke, dass jedes Stück mich näher ranbringt an das unerreichbare Ziel, dieser Zeit nahe zu kommen und du benutzt es vermutlich um anderen anschaulich zu machen, was du vermitteln willst.
 
Habe ich bei dir, Rotschopf, auch nicht so verstanden. Ist aber ein häufiges "Argument" gegen eine möglichst authentische Darstellung, dass man ja eben den Stoff auch nicht selbst gewebt, das Schaf gar selbst geschoren habe.
 

Neueste Beiträge

Oben