Flagellanten traten während der Pest von 1348 - 1352 in sämtlichen großen Städten in Deutschland, in Flandern und in Frankreich auf und schlugen sich vor dem Publikum mit ihren Geißeln blutig, die mit eisernen Kreuzspitzen bestückt waren. Überall waren ihre wohlgeordneten Prozessionen zu sehen. In der Regel zogen 200 - 300 Flagellanten in Zweierreihen, bekleidet mit kurzen Lendenschürzen oder mit ärmellosen Sacktüchern, die sie wie ihre Hüte mit roten Kreuzen versehen hatten, bewaffnet mit ihren Peitschen, mit dem Blick gen Boden gerichtet, barfuß an den neugierigen Stadtbewohnern vorbei. Vor ihnen liefen die Anführer und Vorsänger, ausgestattet mit Kerzen und prächtigen Fahnen aus Goldstoff oder Samt. Die Kirchen läuteten anfänglich noch bei ihrem Erscheinen. In den Hallen der Gotteshäuser schlugen sich die Flagellanten die Rücken blutig, so daß diese blaufarbig entstellt aufschwollen. Das Blut lief nach unten ab oder bespritzte die nahen Wände der Kirche. Zuweilen trieben sie die eisernen Stacheln ihrer Geißeln so tief in ihr Fleisch, daß sie dieselben erst beim zweiten Versuch herausziehen konnten. Dazu schrien sie, heulten sie laut und riefen Gott um Vergebung und die Heiligen um Hilfe! Diese fanatische Bewegung fand nicht nur Zulauf bei den Armen, sondern auch reiche Herren und Damen schlossen sich ihr an. Die Flagellanten wurden von einem Laienmeister geleitet, dem sie zu Gehorsam verpflichtet waren. Sie durften sich nicht waschen noch rasieren, weder ihre Kleider wechseln noch in Betten schlafen und auch nicht ohne Erlaubnis ihres Anführers mit dem anderen Geschlecht sprechen, geschweige denn verkehren. Frauen begleiteten die männlichen Flagellanten in einem getrennten Zug. Meistens bildeten sie den Schluß einer solchen Bußprozession. Die Stadtbewohner begrüßten diese Geißler mit Ehrfurcht und boten ihnen die Gastfreundschaft an. Man tauchte seine Tücher in ihr Blut und verehrte diese dann als Reliquien, die Schutz vor der Pest gewähren sollten. Im Laufe der Zeit beanspruchten die Meister wie die Priester das Beichtrecht, erteilten die Absolution oder legten den Bürgern Bußen auf. Damit griffen sie nicht nur die Autorität der Geistlichkeit an, sondern dezimierten auch die finanziellen Einnahmen der Kirche. So verbot Papst Klemens VI. 1349 die Bewegung und ließ die Widerspenstigen als "Meister der Irrlehre" hängen oder köpfen. 1357 war diese Flagellanten-Bewegung schließlich endgültig verschwunden.