Ich kann auch nur meine eigenen Erfahrungen beisteuern, die ich auf einem sehr tradtionell geführten Schwarzwaldhof gemacht habe. Die Arbeit ist licht- und wetterabhängig, wie es Toke ja auch schreibt. Und die Arbeit ist in sofern anders, dass man zwar zügig und effektiv, aber nicht hektisch arbeitet. Diese "moderne" Arbeitsweise mit angeblichem Multitasking usw. gab es so nicht. Und man sieht abends, was man tagsüber geschafft hat, was in vielen Tätigkeiten ja nicht mehr der Fall ist. Extrembeispiel Sommer: alle beim Morgengrauen raus, einer "macht den Stall" (melken und ausmisten),läßt die Kühe auf die Weide, versorgt die Milch,alle anderen raus zum Heuen. So um neun Uhr rum: Vesperpause vor Ort. Ist das Wetter stabil, dauert die auch schon mal länger, das Heu braucht ja auch seine Zeit. Dann weiterschaffen: andere Wiese, alles Steillagen übrigens. Jemand geht kurz vor Mittag auf den Hof und wärmt das vorgekochte Essen auf, dann alle Mittagspause. Ist das Wetter weiterhin stabil, dauert auch diese etwas länger, derweil blubbert die Kaffeemaschine. Jeder noch ein Käffchen und wer mag, einen Schnaps (gegen das Schwitzen). Wieder raus. Am Nachmittag kurze Pause vor Ort unter einem Baum. Gegen Abend: eine geht hoch, holt die Kühe, macht den Stall. Die anderen fahren das Heu ein. Dann ausgiebiges Abendessen. Bleibt das Wetter stabil, geht einer der Männer nochmal raus und mäht schon die nächste Wiese runter. Feierabend: ca. 22.00 Uhr. Duschen, tot ins Bett fallen. Nächster Tag, siehe oben. Übernächster Tag: siehe oben, aber verschärft, weil nachmittags Gewitter von Westen anziehen. Extrembeispiel Winter: für Waldarbeit liegt zuviel Schnee. Morgens aufstehen, weil die Kühe anfangen, den Stall abzureißen. Stall machen, Milch versorgen. Irgendwelche Reparaturen Gebäude. Brennholz sägen und spalten. Mittagessen. Danach: siehe vor dem Mittagessen. Stall machen. Abendessen. Vor den Fernseher hocken oder lesen. Früher trafen sich oft die Frauen in einer Hofstube, um Licht zu sparen. Also saß man zusammen und werkelte und tratschte. Die Männer betätigten sich oft mit Schneflerarbeiten (Löffel, Daubengefäße, etc), mit Einzelteilen für Holzuhren, flickten Schuhe. Was "Freizeit" angeht: Es galt und gilt teilweise heute noch, dass ausschließlich am Sonntag nix geschafft werden darf - am 7. Tage sollst du ruhen! Also unter der Woche mal hinhocken und ein Buch lesen geht garnicht. Man hat immer was zu tun zu haben. Die Frage ist eben, was empfindet man als "Arbeit". Wenn jemand unter der Woche körperliche Schwerstarbeit leistet, empfindet er das Löffelschnitzen am Kachelofen sicherlich nicht als Arbeit, sondern als Erholung. Gespielt wurde und wird Sonntags oder bei Festen. Da auch die Kinder mithelfen müssen, gilt das auch für sie. Neben Schule und Hausaufgaben ist nicht viel Zeit zum Spielen. Das ist, wie gesagt, bäuerliches Leben im Schwarzwald. Kann, aber muss nicht mit anderen Regionen zusammenpassen. Ich werde jetzt ein wenig philosophisch: wir haben heute soviel Freizeit wie noch nie zuvor und sind trotzdem gestresst und burn (oder bore) out gefährdet. Offenbar haben viele Menschen verlernt, sinnvoll zu arbeiten. Man hat heute seinen "Job" und nicht mehr seinen "Beruf" und tut sich schwer damit. Durch das künstliche Licht können wir sommers wie winters gleiche Arbeitszyklen abarbeiten, obwohl uns das möglicherweise garnicht gut tut. Dieses Bedürfnis nach "Ablenkung", "Freizeit", "Bespaßung" hatten die Leute früher vielleicht gar nicht in dem Maße, weil die Einstellung zur Arbeit eine andere war. So, nun ist aber gut. Ich sitze hier zwar zuhause, aber vor meinem Geschäfts-Notebook und tippe einen Haufen Zeugs, anstatt zu arbeiten ...
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