Ich finde es asozial nach mehr Freiheit zu schreien, so lange Impfwillige noch auf ihre Impfung warten müssen. Dann passiert genau das was Sr.Amalia oben schreibt, das nämlich die die warten müssen es kaum noch ertragen können. So viel Solidarität sollte in einer Gemeinschaft sein, unsere Gesellschaft ist ein Gefüge wo einer vom anderen abhängig ist und das eigentlich auf gegenseitigem Respekt basieren sollte.
Jein.Zuerst mal: Eine "Gemeinschaft" ist nicht dasselbe wie eine "Gesellschaft". Im Gegensatz zu einer homogenen Gemeinschaft, deren Mitglieder durch gegenseitiges Vertrauen und emotionale Bindung ziemlich miteinander vernetzt sind, besteht eine Gesellschaft aus einer Vielzahl von Akteuren, die alle ihre ureigenen Interessen und Bedürfnisse bedienen, also, etwas direkter ausgedrückt, alle ihr eigenes Süppchen kochen und versuchen, die Gesellschaft dafür zu benutzen, ihre eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Auf eine Gemeinschaft trifft man zum Beispiel in der Familie. Hier hat jedes Mitglied tatsächlich ein ehrliches Interesse am Wohlergehen der anderen Mitglieder. Ein Volk hingegen (oder Nation oder Staat oder wie auch immer) besteht aus -in unserem Fall - etwa 88 Millionen Menschen, die sich keinen Deut um den anderen scheren, schon allein deshalb, weil sie ihn ja nicht einmal kennen. Die sind alle zwar nicht bereit, für ihre Ziele zu sterben, aber sehr wohl, jemand anderen dafür sterben zu lassen. Bildlich gesprochen. Es fehlt einfach die emotionale Bindung zueinander und auch Leute, die gerne vehement so reden, als hätten sie eine ("Das macht mich total betroffen...."), haben eben in Wahrheit keine. Was sie "betroffen" macht, ist in Wahrheit nur der kurze Flash, wenn sie sich vorstellen, das wäre ihnen selbst passiert. Wie dem auch sei, von einer Gesellschaft dieselben Motivationen und Handlungen zu erwarten wie von einer Gemeinschaft, ist naiv. Ich soll auf etwas verzichten, das mit zusteht, weil sonst Frau Hiltrud Müller aus Paderborn möglicherweise neidisch oder traurig ist? Ich kenn die Frau doch überhaupt nicht! Die geht mir am Arsch vorbei. Ich verzichte ja auch nicht auf mein neues Auto, weil irgendein Penner aus Hamburg auch gern eins hätte. Und ich setze mich auch nicht aus Solidarität mit irgendwelchen Gehbehinderten freiwillig in den Rollstuhl. Das würde ich in der eigenen Familie machen; wenn klein Susi traurig ist, weil sie wegen Mumps grad nicht ins Freibad kann, dann gehe ich demonstrativ auch nicht hin und spiele lieber mit ihr Monopoly. Aber doch nicht deutschlandweit, ich bin doch nicht der Larry. In unserer Gesellschaft ist eben nicht einer vom anderen abhängig. Nicht die Bohne. Noch nicht einmal in meiner Heimatstadt ist das so, geschweige denn in ganz Deutschland. Ich kann Silvia, Hendrik, Amalia, Katharina und viele mehr mögen und respektieren, aber ohne sie würde meine Leben um keinen Deut schwieriger werden. Ich bin vielleicht auf ein paar bestimmte Berufsgruppen angewiesen (viele andere dagegen würde ich nicht vermissen), aber nicht auf die einzelnen Menschen, die sie ausüben. Die Ethikkommision, die ja in letzter Zeit zu sehr vielem ihre gewagten Meinungen abgibt, hat das Thema auch schon kommentiert. Man würde dann ja schließlich, so das zu erwartende Fazit, eine Zweiklassengesellschaft schaffen, in der dann die eine Hälfte was darf, während die andere Hälfte - völlig zu Recht - sagen kann "Wir haben doch nichts falsch gemacht, wir waren halt einfach noch nicht dran". Kompliment, klar erkannt. Aber warum dürfen Kinder nicht autofahren? Die könnten genauso sagen "wir haben doch nichts falsch gemacht, wir sind einfach nur noch nicht dran." Herrgott, das ist halt nun mal so. Die dürfen nicht, weil es dafür gute Gründe gibt. Und genauso gibt es gute Gründe, warum ein Nichtgeimpfter oder Nichtgenesener dies oder das nicht darf. Das hat nichts mit einer Zweiklassengesellschaft zu tun. Wer in diesem Zusammenhang dieses Wort in den Mund nimmt, der soll bitte mal ein paar Jahre als Paria in Indien leben, dann weiß er endlich, was eine Mehrklassengesellschaft ist. Man muss aufpassen, die Gesellschaft nicht zu spalten, so die Befürchtung und Mahnung. Nun - ich weiß ja nicht ob's vielleicht dem ein oder anderen aufgefallen ist, aber die Gesellschaft ist schon lange gespalten. Sie war es auch schon vor Corona, aber in der Krise wurde dieser Bruch immens verstärkt. Und das hat nicht der Virus getan, sondern in erster Linie genau die Leute, die ständig mahnen, man solle es (die Gesellschaft spalten) nicht tun. Das sind zum Beispiel, die, die Andersdenkende und Zweifler allesamt als "Covidioten" beschimpfen, als aluhuttragende Spinner und automatisch rechtsradikal und die uns im gleichen Augenblick über Hasskommentare im Internet belehren wollen. Das ist schon dreist. Als ich vor einem dreiviertel Jahr die damalige Lehrmeinung anzweifelte, Kinder seien nur marginal bis gar nicht am Ansteckungsgeschehen beteiligt, wurde ich regelrecht gebasht. Uninformiert, keine Ahnung, das sei doch erwiesen, ich wisse es wohl besser als das RKI... Dabei fiel meine Meinung ja nicht vom Himmel, sie fußte ja auf meinem nicht vollkommen inexistenten Verständnis von Viren. Das wäre der erste Virus seit Jahrmillionen, der nach dem Altersnachweise frage, und aus einem in aller Regel leichteren oder gar symptomfreien Verlauf einer Infektion eine ebenso verringerte Ansteckungsmöglichkeit abzuleiten, sei sehr naiv und unwissenschaftlich. Eher im Gegenteil: Ein symptomfreier und damit unbemerkter Verlauf barg m.E. die Gefahr, erst recht andere Menschen anzustecken, weil man ohne schlechtes Gewissen auf Vorsichtsmaßnahmen verzichte - "der, och, keine Sorge, der ist nicht krank..." Und nun? "Untersuchungen haben ergeben, dass der Anteil von Kindern und Jugendlichen am Ansteckungsgeschehen im ersten Lockdown deutlich größer war als angenommen" Wofür musste ich mich damals eigentlich blöd anmachen lassen? Für die richtige Einschätzung der Lage? Ich denke, ich sollte mir endlich mal einen Aluhut basteln.