Aber welcher Bereich der Lager ist denn eigentlich "öffentlich", sprich: was an eurer Darstellung richtet sich konkret an den Besucher? Ein Schauzelt, wie von Julia vorgeschlagen, wäre eine tolle Sache. Schautafeln, die Informationen über genau die Dinge geben, die hier immer als so wichtig genannt werden, Ort, Zeit und Stand der Darstellung, wären ebenfalls eine. Da wären wir dann auch wieder bei dem Beispiel mit dem Zoo. Vor den Tiergehegen habe ich ja auch Infotafeln, die mir Auskunft geben über die Tierart, die ich da vor mir sehe. Konkret als solche ausgewiesene öffentliche Vorführungen für die Zuschauer (13.30 Uhr bis 14 Uhr: Vorführung Brettchenweben) wären eine dritte Option. Ich glaube, der Fachausdruck dafür wäre "didaktisches Konzept".
Ich kann dem nur zustimmen. Ich gehe selbst grade von meinem Besucherstatus in einen Darstellerstatus über und ich finde, dass die Darsteller hauptsächlich da sind, um darzustellen. Nicht, um ein schönes Ferienwochenende mit Freunden zu haben, nicht um ihre allfälligen Einkäufe zu erledigen und auch nicht, um sich privat niederzukübeln. Natürlich sollte es auch Spaß machen für die Darsteller, aber wenn sie nur den Spaß wollen und unter sich sein und nix machen, dann sollten sie ein Szeneinternes Lager starten, nicht auf einem Markt lagern. Es gibt viele Gruppen, die zwar einen wahnsinnig hohen Anspruch auf ihre Kleidung und Ausrüstung haben und toll recherchiert sind und so, aber die für den Besucher einfach tötlich langweilig sind. Weils nix zu sehen und anzufassen gibt. Meine Mutter arbeitet in einem Museum und da kann man alle 3 Schritte ein Experiment machen, ein Türchen öffnen, etwas ausprobieren, ein Kettenhemd anziehn, etwas fühlen, sehen, riechen. DAS will der Besucher. Er will nicht nur schauen und lesen, er will BEGREIFEN. Darsteller haben anders als die Tavernen und die Händler den Bildungsauftrag auf so einem Fest über. Und den erfüllen sie, genau wie Lehrer, nicht dadurch, in authentischer Ausrüstung herumzusitzen und Privatgespräche zu führen, sondern durch entsprechende Tätigkeiten. Für privates ist außerhalb der Öffnungszeiten eh genug Zeit. Wenn ich ein Lager habe, dann muss ich da auch was bieten. Und das beginnt für mich schon beim Kochen für die Gruppe, das meist eh schon einen großen Teil des Lagertages in Anspruch nimmt, wenn mans wirklich authentisch macht. Die Feuerstelle sollte vor dem Besucher sein, er sollte zusehen können, wies in meinem Topf blubbert, wie ich Mörser und Messer benutze, wie ich mein Pfannenbrot backe. Und durchaus vielleicht auch mal ein Stückchen kosten dürfen. Und da soll ihn weder Zaun noch Seil davon abhalten. Und dann natürlich sollte man irgend was vorzuführen haben. Ein kleines Programm innerhalb des Lagers. Das muss ja nicht ständig und 24 h laufen, aber so jede Stunde oder so mal jemand, der sich hinsetzt vor den Besucher und Brettchenwebt, stickt oder schmiedet (auch hier muss anfassen und probieren erlaubt sein) oder eine Führung durchs Lager macht, die Dinge herzeigt, erklärt, warum sie da stehen usw. oder eine kleine Auswahl an skurilen Kleidungsstücken herzeigt, die der Besucher auch gern mal ausprobieren darf. Oder seine Waffenausrüstung erklärt. Eine kleine Show, eine Einführung in den Schwertkampf, welche Techniken wandte man an, wie blockt man einen Schlag ab usw. Viele Gruppen bereiten sich intensiv auf ein Lager vor, damit auch alles passt, wenn sie dort sind, aber wäre es nicht viel interessanter, wenn Darsteller A das Loch in seinem Strumpf vorm Besucher flickt, oder Darsteller B seinen Helm vorm Zuseher poliert, oder Darsteller C die Arbeit an seinen Schuhen vor dem Besucher vollendet? Sich Arbeit für ein Lager aufzuheben finde ich eigentlich eine tolle Idee, dadurch wird nicht nur Einsicht in die Alltagshandlungen im Mittelalter, sondern auch in die Tätigkeit des Reenactors/LH-Darstellers gegeben. Und wenn vor dem Zelt schon so viel los ist, dann denkt der Besucher vielleicht nicht ganz so oft dran, reinzugehn, oder er kann während der aktiven Kommunikation mit dem Darsteller ungezwungen fragen, ob er sichs mal ansehn darf.