Jein. Schaukämpfe folgen eigenen Prinzipien. Ein guter Schaukampf ist nicht choreografiert. Die weit ausholenden Bewegungen sind notwendig, damit der Partner rechtzeitig erkennen kann, was kommt und entsprechend reagiert. Das ist vieleicht nur eine Zehntelsekunde, die dadurch gewonnen wird, aber die reicht. Das Parieren mit der Klinge ist ein ähnlich typisches Schaukampfmerkmal. Es soll ja eine Show sein und keine Aktion, die nach 5 Sekunden vorbei ist, ohne dass der Zuschauer erkannt hat, was da gerade passierte. So was ist beim Schaukampf sinnvoll und bei einem echten Kampf natürlich nicht sinnvoll. In einem solchen will ich ja eben nicht, dass der Gegner regieren kann. Im Schaukampf aber ist es notwendig. Und genauso noitwendig ist es bei einem Schaukampf, dass ich meinen Prügel gut unter Kontrolle habe und eben doch schnelle Änderungen einbauen kann. Etwa, wenn der Schnarchzapfen gegenüber mal wieder im Geiste bei seiner Ollen ist deshalb einen bösen Treffer kassieren würde. Die Anforderungen an das Handling einer Waffe sind im Schaukampf ähnlich hoch wie in einem echten. Prügeln ist das nicht und gerade "wuchtige Hiebe" sind in einem Schaukampf eben nicht erwünscht. Optimale Schnitt- und Trefferwirkung im Ziel braucht eine Schaukampfklinge nicht zu haben. Soll sie ja bitte auch gar nicht. Es sind Sportgeräte, keine Waffen und daher ist ein zu enger Vergleich mit richtigen Schwertern vollkommen sinnfrei. Solche Vergleiche werden eigentlich regelmäßig von Leuten angestellt, die zeigen wollen, wie wahnsinnig viel Ahnung sie von Schwertern haben und die genau dadurch in Wahrheit zeigen, wie wenig sie kapiert haben. Im Gegenteil, ich sehe das eher umgekehrt: Gerade im Schaukampf oder in Freikampfsystemen wie CB wird betatscht und gestupst, da zählen Berührungen als Treffer, die der andere bei nur moderater Rüstung nicht einmal spüren würde, die bestenfalls einen blauen Flecken zur Folge hätten. Selbst bei diesen ganzen selbstverliebten Neo-Schwertkampfkünsten, die "in direkter Tradition von Liechtenauer" und Konsorten stehen (man zeige mir den lückenlosen Stammbaum der Trainer...), die für sich beanspruchen, den einzig wahren und echten, authentischen Schwertkampf zu kennen, fehlt mir ja häufig gerade der wuchtige Hieb, der auch mal in der Lage wäre, durch eine Rüstung hindurch zu wirken. Die Bloßfechter tun sich da leicht, die tragen keine Rüstung, die es zu überwinden gilt. Die können fechten und mit Techniken hantieren, als gäbe es kein Morgen. Das sieht toll aus und ist sehr anspruchsvoll, aber wenn mir ein Panzerreiterkollege von der anderen Feldpostnummer gegenübersteht, könnte ich mit vielem, was da exerziert wird, eben nicht punkten. Da urteilen dann elegante Fechter vom späten Ende des Mittelalters abfällig und mit zur Schau gestellter Expertise über "das Gekloppe" des entgegengesetzten Endes des Mittelalters, von deren Erfordernissen und Bedürfnissen sie, bei aller Kunstfertigkeit ihrer Epoche, in Wahrheit nicht viel verstehen. Ich hatte schon Thalhoffers, die mir erklärten, ich sei jetzt tot, weil sie ihren Flachstahl teilweise irgendwie hinter meinen Schild manövriert hatten. In Wahrheit wäre ihnen zwischen meinem Schild und meiner Rüstung der Arm gebrochen worden, wenn ich nicht sofort innegehalten hätte, um diese Bewegungslegastheniker nicht zu verletzen. Hätte ich vielleicht öfters mal machen sollen... In mittelalterlichen Schlachten wurde nun mal gekloppt und gedroschen. Das ist wie beim Kampfsport. Die Techniken, die Du übst und perfektionierst, die Du extra sauber ausführst, die von der Gürtelprüfungskommision pedantisch bewertet werden, all die kannst Du in einer echten Kneipenschlägerei vergessen. Da zählt das einfache, das effektive, das unelegante, da reduziert sich alles auf's Grundprinzip. Für schnelle Richtungsänderungen, für gutes Handling, um mal zur Physik zurückzukehren, ist mehr notwendig als ein guter Schwerpunkt. Deshalb kann man ja ein Schwert besser handeln als besagten Laubbläser, obwohl auch der seinen Schwerpunkt hat. Und deswegen war ja eine Me 110 nicht so wendig wie eine 109, obwohl beide einen sauberen, mittigen Schwerpunkt hatten. (Bei der 110 waren in erster Linie die beiden außermittigen, schweren Triebwerke das Problem, die bei jeder Lageänderung querbeschleunigt werden mussten, während einmotorige Jäger leicht um das Triebwerk auf der Längsachse rollen konnten, das nur nebenbei) Wenn der Schwerpunkt falsch liegt, das haben unsere kongenialen Mitdiskutanten ja auch schon vor längerem mal angemerkt, taugt das Ding tatsächlich nichts. Das Problem ist die Richtung der Kausalkette: Bei einem guten Schwert stimmt automatisch der Schwerpunkt. Das heißt nicht, dass ein passender Schwerpunkt automatisch ein gutes Schwert macht. Mein altes Gleichnis wieder: Alle Hunde sind Tiere, aber nicht alle Tiere sind Hunde. Vorsicht mit dem Umkehrschluss. (Gilt auch für unsere gesetzeswütigen Politiker und die sie wählenden Dumpfbacken: Wenn alle Amokläufer Counterstrike gespielt haben, heißt das nicht, dass alle Counterstrikespieler Amokläufer sind. Alle Raubmörder tragen Unterwäsche, also sind alle Unterwäscheträger...) Wenn Du also konstatierst, dass ein gutes Schwert auch eine ordentlichen Schwerpunkt braucht, dann hast Du recht. Sag ich ja auch, und wenn ich das sage, dann muss das stimmen, geht gar nicht anders. Und soweit ich das erinnere, haben unsere Kollegen hier auch nie etwas anderes behauptet. Die kognitive Dissonanz, die sich bisweilen in bedauerlicherweise leicht genervtem Tonfall manifestiert, liegt, soweit ich das verstehe, in der unausgesprochen implizierten Alleinstellung dieser Schwerpunktfrage. Ein gutes Auto braucht einen guten Motor, keine Frage, aber ein guter Motor allein macht noch kein gutes Auto.