Woran arbeitet Ihr gerade ?

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Es gibt leider auch Schmiede die, ich nenne es einmal schon zu "satt" sind. Nach dem Motto für unter 30 oder 50 Euro fange ich garnicht erst an.
 
Und es kommt sehr stark darauf an, wie historisch korrekt die Fertigung sein soll. Denn das beeinflusst auch extrem die Fertigungsdauer und damit auch den Wert. Wenn ich beispielsweise ein einfaches Messer nehme - ich kann die Klinge aus einem Flachstahl in 15 Minuten mit der Flex ausschneiden und am Bandschleifer grob in Form bringen. Der Griff ist ebenfalls in wenigen Minuten aus einem Kantholz mit Hilfe von elektrischen Werkzeugen fertig gestellt. Oooooder ich schmiede die Klinge aus, feile sie komplett per Hand in Form, und schleife und schärfe sie ausschließlich manuell. Der Griff wird geschnitzt und geschmirgelt. Dann dauert das Ganze nicht eine halbe Stunde, sondern mal eben zwei Abende. Das ist dann niemand mehr freiwillig bereit zu zahlen. Zumal man am Ende keinen signifikanten optischen Unterschied sieht.
 
Es ist garstig einem Handwerker nachzusagen er sei satt, weil er einen Stundenlohn verlangt. Macht er es gewerblich, sind im Preis zB beim Online Shop : gekaufte ABGs, Kosten für die HP, für die Lucid, für Versicherungen, für Ersatzteile und Anderes mit drin. Berufschulwissen jeder kaufmännischen oder handwerklichen Ausbildung. Zu Post 541 von Hendrik : Nicht nur das. Wenn der Ausspruch Lookalike Schaulaufen ist mag das genügen. Will man eine "Zeitreise" machen muss es so echt wie möglich sein. Dann kommt es eben auch auf das Material UND die Herstellung an. Ist es funktional, wie langlebig ist es, welche Schwierigkeiten stellen sich ein. Für meine Beinarbeiten habe ich alle möglichen Werkzeuge getestet : Dremel mit Zahnarztbohrer, unverwüstliche Kratzwerkzeuge, moderne Sägen... dann beschloss ich nur belegbare Werkzeuge zu verwenden - und siehe da plötzlich hatte mein Werkstück den selben Patzer wie das Original. Da ist der Weg das Ziel, man will erleben wie es damals gemacht wurde, bekommt ein Gefühl für die Handwerkskunst und hat ein Stück das - bleiben wir bei der Schere - sich genauso verhält wie es das Original auch getan hätte, was dann weitere Erkenntnisse auf weitere Details zB bei der Stickarbeit geben könnte. Unbezahlbar.
 
Ich kenne auch Handwerker, die "satt" sind. Das kann viele Gründe haben. Manche haben die "einfachen" Dinge schon zu oft hergestellt und suchen lieber die Herausforderung; andere haben einfach zu viel zu tun, dass sich kleine Anfertigungen nicht mehr lohnen. Das muss ja jede:r für sich entscheiden. Eine Freundin stickt leidenschaftlich nach historischen Vorlagen und ich musste sie überreden, dass sie mir einen simpel bestickten Almosenbeutel anfertigt.
 
das ist aber ein anderes satt und eins das ich bei Hobbyisten sehr gut verstehen kann
 
Nach dem Motto für unter 30 oder 50 Euro fange ich garnicht erst an.
Entschuldige, ich will nicht streiten, sondern nur meine Erfahrungen teilen. Diesen Satz habe ich so verstanden, dass es sich unter 30 Euro nicht lohnt. Natürlich sollte jede:r Handwerker:in den passenden Lohn bekommen. Leider sehen das nicht alle so, bzw. können die erbrachte Leistung nicht einschätzen.
 
Hanna das weiß ich, wir könnten einfach auf Hendriks Schere zurück kommen um die ging es ja eigentlich und nicht darum was sie kosten könnte oder anderswo kostet. Oder ich erzähle ausnamsweise woran ich gerade dienstlich arbeite. Zum Hobby fehlt mir schon seit über einem Jahr die Lust. Vorgestern ist ein großer Karton Rohwolle eingetroffen und ich spinne gerade Garne mit unterschiedlichen Richtungen und Winkeln um Mustertücher mit Fühlproben herzustellen, für mein eigenes Display aber auch für die Textil Displays andere Darsteller. Angedacht ist es eine Fühlprobe mit S/Z Spinnung einer mit Z Drehung gegenüber zu stellen, vielleicht ein gewalktes Stück und ein gewalkt und geschorenes, Merino mit alten Rassen - so was in der Art. Es geht also um die Materialien, denn Bindungsmuster kann man ja von der Stange kaufen und zeigen.
 
Och, die meisten Studenten tun für 50 € so einiges... Die stellen sich bei Wind und Wetter den ganzen Nachmittag in die Fußgängerzone und verteilen Flyer, schleppen stundenlang beim Umzug schwere Sachen, und und und. Würde mir jetzt im Traum nicht einfallen, und den meisten von Euch vermutlich auch nicht ;-) Der 'Wert' von 50 € ist definitiv sehr individuell und subjektiv. Manchmal ist es für einen Außenstehenden eventuell auch nicht nachvollziehbar, weil der die Hintergründe nicht kennt und nicht beurteilen kann. Wenn beispielsweise Silvia ihren Webstuhl fix und fertig aufgezogen da stehen hat, und ein Kunde ein Stück Stoff in exakt der Farbe, exakt dem Material, und exakt der Bindung haben möchte - dann bekommt er für 50 € entsprechend viel Gegenwert an Material und Arbeitszeit. Müsste Silvia den Webstuhl erst neu aufziehen, erst Garn einkaufen, und hätte keinen direkten exakten Folgeauftrag etc. - dann bekommt der Kunde für 50 € vermutlich auch nur ein "Sorry, das lohnt sich nicht". Wer nicht weiß, warum er diese Antwort bekommt, hält Silvia dann evtl. auch für 'satt' oder abgehoben.
 
@Silvia - so aus der Sicht eines Besuchers mit ein wenig angelesenem theoretischen Vorwissen würden mich mal ein paar spezielle Fühl- und Sichtproben interessieren... Ein ausgeprägter Ketten- bzw. Schussrips beispielsweise, wo Kette und Schuss extrem unterschiedlich dickes Garn verwenden. Das Hosengewebe aus Haithabu mit der extrem überdrehten Kette, wo sich das Gewebe krüsselt. Das Beinling-Gewebe aus Haithabu mit der Kette aus Deckhaar und Schuss aus dem Unterhaar. Passend dazu eine Fühlprobe des Vlies sowie der beiden kardierten Komponenten. Das ist ein ideales Beispiel für Funktionskleidung, wozu man auch sehr viel erzählen kann. Sowas wie ich für meine Mütze gewebt hatte - normales Gewebe, und direkt dran angesetzt eine Brettchenborte. Ein Stück Stoff wie bei Thorsberg (?), wo du nebeneinander Leinen-, Köper- und Spitzgratbindung hast. Zwei Varianten vom Zottengewebe - einmal direkt beim Weben mit eingearbeitet, und zum Vergleich dann nachträglich eingebracht. Aber vielleicht ist das alles auch schon wieder viel zu speziell ;-)
 
Auch der Handwerker tut unterm Strich viel für 50€, denn es ist ja nicht allein mit dem dengeln eines Scherchens getan, unterm Strich bleibt oft erschreckend wenig übrig weil auch das Beantworten von Anfragen, der Papierkram, das pflegen von Online-Dingen, Material suchen und ordern, Arbeitszeit ist die auf bei einem Werkstück mit in die Kalkulation fließen muss. In der Regel erkläre ich warum ich etwas nicht mache, es gab sogar mal ein Jahr wo ich keinen Diamantköper gewebt habe, einfach weil ich das Jahr zuvor nix anderes gemacht habe - der Kunde hat tatsächlich gewartet :love: Da ich mit Wartelisten arbeite werden die Aufträge eh nach Bindung sortiert. Ansonsten darf jeder von mir denken was er will, Ihr könnt mich sogar für einen Moderator halten - obwohl ich froh bin das dieses Ehrenamt Leuten mit Geduld und Langmut zukommt. ;) Ohh-ja das sind auch gute Ideen für Muster - danke Hendik. Meiner Erfarung nach kann so etwas schon auch "normalen"Museumsbesuchern erzählen, die Nicht-Interessierten gehen eh schnell weiter. Zottengewebe habe ich tatsächlich schon in meinem Display einmal als Webpelz und einmal als römisches Schlaufengewebe.
 
Letztens hatte ich ja so ein bisschen auf Bronzedraht rum geklopft, und durch einen dummen Zufall fielen hinterher merkwürdige Nadeln vom Amboss. Bei einer Recherche für was völlig anderes stieß ich durch Zufall auf Nähnadeln mit länglichem Nadelöhr statt mit rundem, u.a. gefunden im frühmittelalterlichen York. Direkt mal nachgebaut, Tutorial dazu folgt in den nächsten Tagen. Vorab schon mal eine kleine Vorschau des bisherigen Sortiments. Verwendete Materialien: Bronze, Eisen und Neusilber. Nähnadel-Sortiment aus dem Frühmittelalter
 
@Hendrik1975 Schick! Die runden Löcher wirken sehr klein, das könnte Probleme beim Einfädeln geben, zB bei Wollfäden. Zusätzlich fällt mir auf dass der "angespitzte" Teil unten an der Nadel sehr kurz ist. Meiner Erfahrung nach geht die Nadel besser durch vor allem festere Stoffe wenn die angespitzte Partie der Nadel etwas länger und der Bereich oben mit dem Öhr nicht zu breit ist. Ansonsten gefallen mir Deine Nadeln aber sehr gut, vor allem die ganz links!
 
@Katharina de Lo - Du hast völlig Recht. Die beiden runden Löcher außen haben nur 0,8mm Durchmesser, die beiden innen 1mm. Das muss definitiv größer werden, und die Spitze vorne länger. Auch das eine Nadelöhr ist total krüppelig. Dazu hatte Silvia schon angemerkt, dass der Faden dabei schnell reißen würde. Insgesamt war das bisher für mich ein reines Experiment, wie sowas überhaupt geht. Mit etlichen Erkenntnissen dabei, wie es eben nicht geht ^^ Die nächsten Nadeln werden schöner, und vor allem einsatztauglicher, denn das sind die hier noch nicht.
 
Immerhin sind alle Deine Nadeln schon mal einsatzfreudiger als meine Versuche in Knochen. Metall ist da glaube ich geduldiger.
 
Metall hat den großen Vorteil, dass man es plastisch verformen kann, auch mehrfach. Das macht es natürlich leichter, Fehler wieder zu korrigieren. Geht bei Knochen und Horn eben nicht.
 
Die Reste im unteren Bild stammen aus den letzten Tagen und sind missglückte Versuche von Bronzenadeln. Da ich eh ein paar Knöpfe brauchte, hab ich das Zeug spontan eingeschmolzen. In die Unterlage aus Vermiculite habe ich Vertiefungen gedrückt. Das Material hält zwar einerseits Temperaturen von über 2.000° C aus, lässt sich aber andererseits mit dem bloßen Finger bearbeiten. Die verflüssigte Bronze fließt in die Vertiefungen und bildet durch die Oberflächenspannung eine schöne Halbkugel aus. Etwas versäubert, Öse dran gelötet, Muster rein gefeilt, poliert. Links der Rohling, in der Mitte grob zugerichtet, rechts der fertige Knopf. Rund eine Stunde Arbeit. Fix und fertig kostet so ein Teil 1,50 €... Irgendwie ist unser Hobby schon etwas schräg ^^ Knöpfe aus Schrott
 
geh in die Serien-Produktion @Hendrik1975 und du hast Abnehmerinnen! :D
So gut der Knopf auch aussieht, ich glaube da wird der Preis pro Knopf ein gewaltiger. Habe mal das Kettenzeug an meinem Harnisch etwas überarbeitet. Ledereinfassungen weg, dafür gibts einfach nicht so recht Belege. Schnitt von den Shorts geändert und das Futter entfernt. Das Ganze wird nun von einem doppelten Leinenstreifen in der Taille gehalten (vorher hatte ich quasi die Shorts nochmal in Leinen gespiegelt, als Futter). Mal sehen ob die Wollhosen das aushalten.
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geh in die Serien-Produktion @Hendrik1975 und du hast Abnehmerinnen! :D
Ich hab mich sehr gebremst das zu schreiben, weil ich ihm das echt nicht zumuten mag...da werd ich wohl doch irgendwann eine 16-Euro bestellung bei Lorifactor machen müssen, auch wenn mir das eigentlich widerstrebt, aber bis zur Messe warten möchte ich eigentlich auch nicht. (Und wer weiss was aus der wird...)
 

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